Die Gemeinde Lohrsdorf/Green

von Karl Hatwig

Der Stadtteil Lohrsdorf

 

Der östlichste und urkundlich im Jahre 828 n.Chr. erstmals erwähnte zweitälteste Teil der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler ist der Stadtteil Lohrsdorf in der bis zur Verwaltungsreform in Rheinland-Pfalz 1969 selbständigen Gemeinde Lohrsdorf/Green. Eingefügt in als schützenswert eingestufte Landschaftsgebiete wie „die Landskrone“ mit ihren Quellkuppen von herausgewitterten Basaltstöcken mit floristischen Seltenheiten und dem Niederwald an seiner westlichen Grenze, über den bewaldeten Höhenrücken des „Heuberges“ mit seinen Weinbergen oberhalb der alten B 266 und dem Flurstück „Auf den acht Morgen“ zwischen Gimmigen und Lohrsdorf an der nordöstlichen Grenze sowie dem Flurstück „Im Hühnerbusch“ mit seinem Laubwald und Buschgruppen erstreckt sich der alte Ortskern Lohrsdorfs mit seinen Fachwerkhäusern und der Anfang des 11.Jahrhunderts entstandenen Kapelle entlang des Lohrsdorfer Baches in einem stillen Wiesental.

 

Der Fahrweg in diesem vom vorbeiflutenden Straßenverkehr unentdeckten Lohrsdorfer Bachtal führt durch ein Neubaugebiet in nördlicher Richtung bis zum Golfplatz „Köhlerhof“ und zu dem Flurstück: „Im Höllengraben“, einem ebenfalls als schützenswertes eingestuftes Wald- und Feuchtgebiet im Quellbereich des Lohrsdorfer Baches.  Die östliche Hangseite des Tales steigt steil an zu dem nur ein wenig niedrigerem „Bruder“ der Landskrone, dem Lohrsdorfer Koppen mit seinem sich bis in die Grenze zu Bad Bodendorf erstreckenden Naturschutzgebiet wildwachsender Orchideen als floristische Seltenheiten innerhalb einer aus Streuobstwiesen und Wald bestehenden Landschaft mit einem zauberhaften Ausblick zu dem wenige Kilometer entfernten Rheintal und dem Westerwald.

 

Südlich, am Fuße der Landskrone bis zum Lohrsdorfer Koppen, zieht sich der etwas jüngere Straßenzug Lohrsdorfs entlang der alten B 266. Hier am Fuße des Lohrsdorfer Koppens liegen die Flurstücke „Unter“ und „An der Heidenmauer“, über die im geschichtlichen Teil noch zu sprechen sein wird. Angrenzend bis zur begradigten Ahr füllen die Lohrsdorfer Obstbaumwiesen mit ihrem Auenwald als letzter Teil einer erhaltenen natürlichen ökologischen Raumeinheit und der Mühlenteich, ein bis Sinzig reichender Wassergraben,  das Tal aus. Wie zwei steinerne Wächter der Urzeit engen die vorspringenden Bergkuppen Lohrsdorfer und Ehlinger Koppen das weite Tal ein und schauen der einst bei Regenfällen und Schneeschmelze wildschäumenden Ahr zu, die in ihrem Unterlauf bei Kripp in den Rhein mündet.

 

Ebenso einzigartig wie die landschaftliche Vielfalt der Lohrsdorfer Gemarkung ist die geschichtliche vita der Gemeinde Lohrsdorf.  Lange vor der im Jahre 1206 begonnenen Bau der Reichsfeste Landskron auf dem bis dahin mons Gimiche genannten Basaltkegel, wird Lohrsdorf im Jahre 828 als Ludovesdorf, als Dorf des Kaiser Ludwig, zum ersten Male urkundlich vor allen anderen Orten (außer Bachem!) an der Ahr erwähnt. Kaiser Ludwig der Fromme, Sohn Kaiser Karls d.Gr. „schenkte“ Einhard, dem Schreiber der Lebensgeschichte seines Vaters, diesen Ort. Die Schenkung war eine Art Nutznießung bis zum Tode Einhards, ein sog. Lehen. Einhard übertrug diese Nutznießung als Altersversorgung dem Kloster Seligenstadt. Nach seinem Tode fiel das Lehen wieder an den Kaiser zurück. Die begehrten Weinberge Lohrsdorfs und andere Güter wurden dann mehrmals noch an andere Klöster „verschenkt“ u.a. an die Klöster Maria-Laach, Liesborn und Münster-Überwasser, bis dann mit der Reichsfeste Landskron der Ministeriale (=Verwaltungsbeamter) Gerhard von Sinzig dieses königliche Krongut und Kaiserland zur Verwaltung und später zum Lehen übertragen wurde. Aus Ministerialen wurden Reichsgrafen, aus dem Krongut Lohrsdorf durch den Erwerb einer Vielzahl von weiteren Dörfern und Gütern die Reichsherrschaft Landskron.

Archäologische Funde, so u.a. in den Ruinen der Reichsfeste Landskron - deren Hauptgebäude im Jahre 1677 abbrannte und 1682 auf Befehl des Herzogs von Jülich geschleift wurde, weiterhin  eine römische Anlage auf dem östlichen Höhenrücken des Lohrsdorfer Koppens, dann ein heidnisches Heiligtum an der alten B 266 auf Bad Bodendorf hin, sowie Reste eines Gebäuderechtecks an der bereits erwähnten Heidenmauer am Zusammenfluss von Lohrsdorfer Bach und Mühlenteich und die erst im Jahre 2000 bei Bauarbeiten zutage getretene römische Ziegeln in der Eulengasse lassen auf eine noch viel ältere geschichtliche Vergangenheit Lohrsdorfs schließen. Nicht nur, dass die Funde eindeutig auf fränkische und römische Frühbesiedlungen hindeuten, sondern bestimmte Indizien legen eine noch frühere Besiedlung in keltischer zumindestens in galloromanischer Zeit nahe.

Auch die unterhalb der Burg, im Jahre 1212 in einem Schutzbrief von König Otto IV. erwähnte  und ab 1470 „Fünf-Jungfrauen-Kapelle“ bezeichnete und weithin im Ahrtal sichtbare weiße Kapelle, hat vermutlich ihren Platz über einem keltischen Bergheiligtum eingenommen. Sie ist nicht mit den beiden Kapellen in der Burg identisch, sondern gleich mit der 1360 genannten „Cluse“, eine Bezeichnung, die darauf hinweist, dass hier die Klause eines Einsiedlers bestand. Noch heute führt eine Tür an der Epistelseite der Kapelle in eine Felsgrotte, an deren Wänden ein Wässerchen hinabtropft, welchem früher heilbringenden Kraft zugeschrieben wurde.

Auch der frühmittelalterliche Weinanbau begann nach urkundlichen Erstwähnungen in Remagen (755), Sinzig (772), die Landskrone 830 (der Weinberg dort wurde vom Bonner St.Cassius-Stift genutzt und musste der späteren Reichsfeste Landskron weichen !), Ehlingen und Gimmigen 853. Die räumlich zwischen Remagen/Sinzig und der Landskrone liegenden Gemarkungen Bodendorf und Lohrsdorf/Green müssen aufgrund ihrer bis ins 10.Jh. für den Weinanbau bevorzugten relativ flachen Hügellandschaft und sanft ansteigenden  Talhängen begehrte Weinberge besessen haben, obwohl sie hier im Jahre 1151 urkundlich erstmals erwähnt sind. Dies ist um so naheliegender, als die Lohrsdorfer Weinberge noch heute die höchste Bodengüteklasse an der Ahr besitzen und in der Tat schon 828 ein kaiserwürdiges Geschenk darstellten.  

Der Weinanbau in Bergterrassen an der Unter- u. Mittelahr erfolgte erst später.

Lohrsdorf kam innerhalb der Reichsherrschaft Landskron schon immer eine Sonderrolle zu. Eine Urkunde vom 20.Mai 1397 berichtet, dass auch die „Eigenleute“ der Einenberger Linie von nun an frei sein sollten wie die übrigen Dorfgenossen von Lohrsdorf. Sollten sie aber unter einen anderen Landesherren ziehen, würde diese Freiheit wieder aufgehoben.  Dies wäre eine der ersten Freibriefe in den deutschen Landen. Auch eine der ersten „Verfassungen“ deutscher Geschichte sind in den Landskroner Akten grundgelegt, lange bevor die deutschen Bauern mit dieser Zielvorstellung im „Grossen Bauernkrieg“ 1524-1525 gegen den Adel, Kirche und Kaiser  scheiterten.  

Ob diese Landskroner Verfassung und der Lohrsdorfer Freibrief Modellcharakter für die Zielvorstellungen der Bauern hatte,  ist nicht nachgewiesen, doch bestand zur Zeit des Bauernkrieges und davor eine enge Verbindung einiger Reichsritter mit den aufständischen Bauern, die sich in Schutzbündnissen gegen den Hochadel und den landesherrlichen Klerus in Reichsritterschaften zusammengeschlossen hatten. Viele Reichsritter an der Ahr und in der Eifel gehörten der niederrheinischen Reichsritterschaft an. Sicherlich wird der Landskroner Burgherr als einer der bedeutenderen von ihnen diesem Schutzbündnis angehört haben und insofern die „Verfassung von  Landskron“ und die Freiheiten der Bauern allgemein bekannt gewesen sein.  

 

Nach einer langen Kette von Adelsgeschlechtern als Besitzer der Burg und Reichsherrschaft Landskron erscheint schließlich 1603 der Freiherr vom und zum Stein. Sein Ur-Ur-Enkel ist der berühmte 1757 geborene preußische, leitende Minister Freiherr Heinrich Friedrich Karl vom und zum Stein in Diensten des Königs Friedrich Wilhelm III. von Preußen.

Der Freiherr setzte als erster das Gesetz „Aufhebung der Erbuntertänigkeit der Bauern“ und den Kauf adliger Güter jetzt auch durch Bürgerliche gegen grossen Widerstand durch.     

Auf Verlangen Napoleons wurde er 1807 auch auf Betreiben adliger Kabinettsmitglieder vom König entlassen und begab sich -durch ein Dekret geächtet- heimlich in sein von französischen Truppen beschlagnahmtes   Landskroner Besitztum. Von dem katholischen Pastor von Bodendorf wurde er vor dem Zugriff der Franzosen versteckt. 1812 ist er als Todfeind Napoleons der politische Ratgeber des  Zaren Alexander I. von Russland, und trug so wesentlich zur Vorbereitung der Freiheitskriege und zur Niederlage Napoleons bei.

Ein hartnäckiger Prozess mit dem zweiten Erben der Herrschaft Landskron, dem Grafen von Nesselrode-Reichenstein zeigt, wie groß das Interesse des Freiherrn von Stein an dieser Herrschaft war. Unter dem Druck der Ächtung verkaufte er seinen Anteil an der Herrschaft Landskron schließlich.

Es wäre in der Geschichtsforschung der Frage nachzugehen, inwieweit die Landskroner Verfassung, der Lohrsdorfer Freibrief von 1397 und die bereits verwirklichte relative Freiheit der Lohrsdorfer und Greener Bauern für den Freiherrn v. Stein die Vorlage für seine so tiefgreifenden Reformen in Preußen bildete. 

                                  

Der Stadtteil Green

 

Green liegt im Ahrtal südlich der Ahr in der Gemarkung Lohrsdorf. Zu diesem Stadtteil verband seit dem Mittelalter eine „Fahrbrüsk“, auf die eine heute noch gebrauchte Lohrsdorfer Flurbezeichnung hinweist, beide Orte zu einer Doppelgemeinde.

 

Heute ist Green von seiner Urgemeinde durch die Ahr und die neue B 266 getrennt und geht in den Stadtteil Heimersheim nahtlos über. Der jahrhundertelang mit Lohrsdorf verbundene Ort wird heute in der seit 1969 bestehenden Kreisstadt Bad Neuenahr-Ahrweiler als eigener Stadtteil geführt.   

 

Entstanden ist Green vermutlich während der deutschen Agrar- und Rodungsepoche im 10.Jh. Die durch das ganze Tal mäandernde Ahr prallte auf ihrem Lauf zur Mündung auf den harten Basaltfuß der Landskrone (Prallhang!) und schichtete auf der gegenüberliegenden Seite auf dem Talboden immer neues Schwemmland auf (Gleithang!). Die Fruchtbarkeit dieses Schwemmlandes erkannten bald Neusiedler aus den umliegenden Dörfern u.a. aus Lohrsdorf. Erstmalig urkundlich erwähnt wird am11.11.1429 ein Sohn des Lohrsdorfer Johannes Engell, doch wird die Rodung und Nutzung von der Reichsherrschaft Landskron aus sehr viel früher anzusetzen sein.  Es entwickelte sich - trotz der jährlich mehrmals drohenden Hochwassergefahr, gegen die man sich durch einen Deich zu schützen suchte, eine kleine Siedlung mit einer Mühle, einem burgähnlichem Gehöft, einer Kapelle  und einer die Siedlung umgebenden Schutzhecke. Die 1151 urkundlich erwähnten Weinberge Greens müssen sich an den jetzt zu Heimersheim gehörenden südlichen sanft ansteigenden Hügelhängen des weit ausladenden Talkessels zwischen Lohrsdorf und Löhndorf hingezogen haben, östlich begrenzt durch die weit ins Tal zueinander vorspringenden Berge, den Lohrsdorfer und den Ehlinger Koppen.

Aus dem Jahre 1151 bezeugt eine Urkunde, dass die Klöster Lisborn und Münster-Überwasser hier Güter, wahrscheinlich wie in Lohrsdorf Weinberge als kaiserliche Lehen besaßen.

Im Jahre 1279 benannte sich ein mit dem Burggrafengeschlecht von Hammerstein verwandter Burgmann Johannes de Grinde nach Green. Diese Familie ist noch im 15.Jh. durch ihren Nachfahren Hugo vame Grene zu Veynau urkundlich nachweisbar.

Die endgültige Verbindung Greens mit Lohrsdorfs hat sich dann nach einigen weiteren urkundlichen Erwähnungen im Jahre 1360 vollzogen, als ein Gotthard von Green Lehnsmann des Gerhard von Landskron wurde.

Die Heirat der Beatrix von Hammerstein (1298-1357) mit Gerhard IV. von Landskron (1298 - 1370) hat bei dieser Verschmelzung beider Orte eine Rolle gespielt. Die Urkunden lassen dies aber unbeantwortet.   

Wie wichtig den römischen Königen und Kaisern deutscher Nation Lohrsdorf und Green als Krongüter der Reichsherrschaft Landskron waren, bezeugt eine aus dem Jahre 1349 stammende Urkunde, nach der damals regierende „römische König Karl“ seinen „Edlen“ Gerhard von Landskron nur unter der Voraussetzung mit der Reichsherrschaft Landskron auf ewig belehnte, wie dieser sich -auch im Namen seiner Erben - verpflichtete, dass diese Herrschaft auf ewig bei Kaiser und Reich bleiben müsse.

Bis weit in das 19. Jh. hinein fühlten sich daher die Lohrsdorfer und Greener als Kerndörfer der Reichsherrschaft Landskron als die „im Reich“ lebenden Bürger.        

Die Burg Landskron

 

Den westlichen Eckpfeiler der Gemeinde Lohrsdorf bildet die Reichsfeste Landskron. Gegen Ende des 18.Jh.´s war sie noch reichsritterschaftlicher Besitz.

 

Auf Geheiß König Philipp von Schwaben wurde sie im Jahre 1206 auf dem Berg Gimmich, des „Landes Krone“ gebaut und diente dem Schutz des königlichen Landes von der Reichsfeste Tomburg bei Rheinbach bis an den Rhein bei Sinzig sowie der nach der Landskrone vorüberziehenden grossen Heerstrasse Frankfurt - Aachen.

Als Burgkommandant wurde Gerhard oder Gerichwin von Sinzig eingesetzt, ein Reichsbeamter. Gerhard stand im Jahre 1216 bei dem damals regierenden Kaiser Friedrich II. in hohem Ansehen, denn dieser übergab ihm die Statthalterschaft über die Königsgüter am Niederrhein bis zur Moselmündung.

Sein Sohn Gerhard II. konnte gegenüber den werdenden Territorialherren eine selbständige Politik ausbauen und unterhielt diplomatische Beziehungen zu Wilhelm von Holland, Richard von Cornwall und zu den niederrheinischen Fürsten. Als Zeuge, Bürge und Schiedsrichter wirkt er auch für den Erzbischof von Köln. 1273 starb Gerhard II.

Seinem Sohn Gerhard III. gelang es, nach der Wahl Adolf von Nassau zum deutschen Kaiser entgegen einer drohenden Pfändung beim Reich zu bleiben.

Sein Sohn Gerhard IV. erlangte durch die Heirat mit Beatrix, der Tochter des mächtigen Burggrafen von Hammerstein, zum Höhepunkt seiner Macht. Er erhielt von Kaiser Karl IV. das Privileg auch der weiblichen Erbfolge. Erzbischof Walram von Köln setzte ihn 1332 zum Statthalter für das Gebiet südlich Kölns ein.

Sein Sohn Gerhard V. heiratete die Tochter des Grafen von Mörs und gelangte so in den Adelsstand. Er begründete die Herrschaft Landskron 1370 als Keimzelle eines adligen Kleinterritoriums, dessen Wachstum durch das Aussterben im Mannesstamm und die zahlreichen dann folgenden Teilungen verhindert wurde.

1397 wurden sowohl die Reichslehen als auch der Eigenbesitz unter die Linien Tomberg und Einenberg aufgeteilt.

Vom Kaiser wurden immer alle Erbnachfolger ihrem Anteil entsprechend mit der Herrschaft Landskron und der Burg als gemeinschaftlichen Besitz belehnt. Im Jahre 1677 geriet das Hauptgebäude  der Burg in Brand und vernichtet. Um nicht den Feinden eine Möglichkeit zum Festsetzen zu geben, wurde 1682 auf Anweisung des Kurfürsten von der Pfalz als Herzog von Jülich die gesamte Burganlage bis auf einige heute noch zu sehende Reste abgerissen.

Heinrich Friedrich Karl Freiherr von Stein, der berühmte spätere preußische Staatsminister übernahm 1798 die Herrschaft und Burg Landskron. Mit der Eingliederung des linken Rheinufers in die französische Republik, endgültig 1801, endete das Eigenleben der Reichsherrschaft Landskron. Am 6.August 1804  endete auch formal das Heilige Römische Reich Deutscher Nation.   

Auf der obersten Plattform des ehemaligen, heute dem Grafen Kanitz gehörenden Burgturmes genießen die vielen Besucher einen der schönsten Ausblicke ins Ahrtal.

 

Der Köhlerhof

 

Nördlicher Eckpfeiler der Gemarkung Lohrsdorf ist der Köhlerhof, heute im Besitz des gleichnamigen Golfclubs Köhlerhof

Will man einer alten Skizze unbekannter Herkunft Glauben schenken, dann stand auf dem Grundstück des Köhlerhofes schon in karolingischer Zeit ein durch einen Wassergraben mit umlaufenden Erdwall und Palisadenzaun geschützter Wachtturm, der nur über eine Ziehbrücke zu erreichen war.

 

Die gezeichnete Anlage ähnelt stark den Wehrbefestigungen des römischen Limes und wurde „Motte“ genannt. Bezeichnenderweise taucht dieser Begriff „Motte“ im Sprachgebrauch der alten Lohrsdorfer wieder auf, in dem man damit eine in sich geschlossene Familie oder Sippe im Dorf mit „Mott“ kennzeichnet, die in Abwehrstellung gegenüber anderen „Mott´s“ ihre soziale Rangordnung innerhalb und außerhalb der Dorfbevölkerung verteidigt.

Als weitere  Standorte solcher Motten gibt der unbekannte Zeichner Ahrweiler (Silberberg), Ahrweiler (Post?), Heppingen (Burg), Heimersheim (Kardenburg), Green, Ehlingen, Bodendorf und das Godenhaus in Sinzig an.

Verbindet man diese Standorte miteinander, so liegen alle - außer dem „Köhlerhof“ an der Ahr.

Damit wird die These glaubwürdiger, dass  diese „Motte“ als Wehranlage die alte Aachen- Frankfurter Heerstraße zu verteidigen hatte und diese Wachtmotten fast genau im Abstand der Wehranlagen an der Ahr, standen, die die alte Ardennenstraße von Sinzig in die Hocheifel bewachten. Geht man nun von der Köhlerhofmotte in östlicher Richtung über das jetzige Golfgelände, so kann die nächste Motte an der jetzigen Bodendorfer Kapelle gestanden haben, während auf dem Lohrsdorfer Koppen, in dem Flurstück „Pitters Stuff“ die bereits „angegrabene“ größere römische Anlage, auf eine kastellartige Gebäudeansammlung für eine größere, sich selbst versorgende Wachmannschaft hinzudeuten scheint, die zentral von hier aus an der Aachen-Frankfurter Heerstraße die Kaiserheerzüge und die Pilgergruppen nach Aachen   vor Feinden und Räubern schützen konnten. Deshalb musste diese Heerstrasse an ihren beiden Seiten mehrere hundert Meter immer wieder von Busch- und Waldgelände frei gehalten werden. Diese Motten und Anlagen setzten die Kette von Wehranlagen der großen Heerstraße nach Bodendorf zu weiter fort, wo sie sich dann mit dem „limes“ der Ahr-Ardennenstrasse vereinigten.

Mit dem Bau der Reichsfeste Landskron entfielen dann die Aufgaben dieser Verteidigungslinien. 

Der Köhlerhof taucht urkundlich zuerst im Jahre 1209 als „Hof Curle“ im Besitz des Grafen Gerhard von Are als kölnisches Lehen auf. Im 14.Jh. ist er als Rittergut im Besitz des Geschlechts derer von Curle. Im Jahre 1428

erhebt der Landskroner Burgherr aufgrund alter Verträge aus dem 14.Jh.(1356) Zinsen und Pachten, die früher von dem Ritter Heinrich von Heimersheim erhoben wurden,  von Gobel Buchere von Kurle, und Reinart von Kurle. Der Landskroner Burgherr erhebt zur gleichen Zeit Zinsen von weiteren zum Hof Lohrsdorf gehörenden Dorfbewohnern: Von der von Kurle stammenden Frau des Dilige Hentzen und von Winant von Kurle. (Quellen, Zimmer, Bd. II, S.120f). Außer ihnen werden als Einwohner des beim heutigen Köhlerhof liegenden Dorfes noch ein Buschof ( 1458), Dilige und Grete (1356), Heinz (1433), Jakob (1440-1447), Johann (1356 - 1365), Katharina (1358), Klas (1456), Kone (1356), Kono (1331), Peter, 1425), Peter (1356), Reinart (14.Jh.), Walter, Ri. (1280), Walter, Ri (1331 - 1362) und Winant (1356)  von Kurle genannt (Quellen, Zimmer, Bd.II, S.259f.).

Wahrscheinlich handelt es sich bei Walter, Ri um die Ritter Welterus de Curle, die den das Rittergut Curle als kölnisches und später Landskroner Lehen besaßen und bei den anderen Genannten um die in einem Dorf (Wüstung) bei dem Rittergut lebenden Einwohner.     

Im 14.Jh. gerät das Rittergut in den Besitz des Gerhard von Irmentroide, einem Schwager des Gerhard  von Drachenfels und wird damit Teil der Herrschaft Landskron.

Im 17 Jh. besaßen die Landskroner Burgherren von Brempt, im 18.Jh. die von Nesselrode und dann die von Clodt den Hof, zu der auch eine Schäferei, eine Mühle und ausgedehnte Felder und andere Güter gehörten.

Um die Wende des 18.Jh. kam der Köhlerhof durch Kauf an die Familie Ritzdorf. Die letzte Besitzerfamilie Krämer verpachtete den Hof an die Familie Kossler und danach wurde der Hof mit seinem herrlich gelegenen Gelände als Golfplatz umgestaltet.

    

Die Gemeinde Lohrsdorf stellt sich so dar als eine räumliche, landschaftlich vielgestaltige und geschichtliche Einheit, die von der ehemaligen Reichsfeste Landskron im Westen, dem Köhlerhof im Norden, der Wehranlage auf dem Koppen im Osten und Green im Süden reichte. 

  

Heute ist diese Lohrsdorfer Gemarkung ein Eldorada fernab des Durchgangsverkehrs für Wanderfreunde,  Bewunderern floristischer Seltenheiten und landschaftlicher Schönheiten.

        

 

Quellennachweis

 1.P. Clemen, Die Kunstdenkmäler des Kreises Ahrweiler, Schwann-Verlag, Düsseldorf, 1938;

 2.Th.Zimmer, Quellen zur Geschichte der Herrschaft Landskron A.D.Ahr,   1.Band, Hanstein Verlag, Bonn 1966;

 3.Th.Zimmer, Quellen zur Geschichte der Herrschaft Landskron A-D-Ahr,  2.Band, Hanstein Verlag, Bonn, 1966;

 4.Kreisstadt Bad Neuenahr-Ahrweiler, Weka-Verlag, Kissing, 1989;

 5.K.Hatwig, Die Geschichte der Gemeinde Lohrsdorf, 2001  

 6.H.Frick, Quellen zur Geschichte von Bad Neuenahr, Selbstverlag d.Gemeinde Bad Neuenahr, 1933.

 

Karl Hatwig war von 1967 bis 1971 Leiter der Volksschule Lohrsdorf.

Er lebt heute in Bad Neuenahr.

 

karlhatwig@surfeu.de