4. Überreste mittelalterlicher Befestigungen.

Die Stadt war zuerst von einem Plankenzaun umgeben, an den sich der Stadtgraben, der Wall und wieder ein Graben Schloß; aber es hat wohl nicht zu lange gedauert, bis der Zaun durch eine Steinmauer ersetzt wurde, die mit Schießscharten versehen war. Wiekhäuser und einige Pulver- und Rüsttürme ragten über den Mauerkranz empor. Die Mauer ist in ihrem unteren Teile, oft von kleinen Häuschen und Ställen überbaut, noch zum größten Teile erhalten, der Graben teilweise zugeschüttet und in Gärtchen umgewandelt, der Wall, oben abgetragen, gab mit seinen Schattigen Promenadenwegen den Ausgangspunkt für die städtischen Anlagen. Lauschige und trauliche Winkel, stimmungsvolle Bilder eröffnen sich in reicher Fülle dem Auge des Beobachters bei einem Spaziergange um die Stadt. Wie Schwalbennester kleben an der Innenseite der Stadtmauer die kleinen Häuschen an ihr. Der runde Verlauf, das abschüssige Terrain in der Mauerstraße, überraschen uns auf Schritt und Tritt durch neue reizende Bilder.

Vier Tore: das Wipper-, Stein-, Schloß- und Neue Tor führten durch die Mauer, 3 Pforten: die Erb-, Wende- und Klapperstraßenpforte durchbrachen die Mauer nach der Wipper hin. Das Wippertor wies nach der Stadtansicht über der Durchfahrt 3 Stockwerke und einen viergliedrigen Turm auf. Der Name Hohes Tor für das jetzige Steintor zeigt an, daß es das Wippertor überragte. Verschiedenen Zwecken dienten die Tore: als Raum für die Torwachen, Gefängnis, Aufbewahrungsort für Waffen der Zünfte und Feuerlöschgeräte. Zugbrücken vermittelten beim Stein- und Neuen Tor den Übergang über den Stadtgraben. Jenseits des Grabens lagen wahrscheinlich noch Vortore. Das Schloßtor fiel zuerst, ihm folgten als Verkehrshindernis das Wippertor und 1878 das Neue Tor.

"Nur eine einzige Säule zeugt von verschwundener Pracht", kann man auch beim Anblick des Steintores sagen. Ziemlich verfallen war es, als es 1732 renoviert wurde; seine stattlichen Giebelaufbauten hat es verloren. Trotzdem hat das Tor mit seinen geputzten Spitzbogenblenden auf Stadt- und Feldseite noch heute ein stattliches Aussehen. Sein Ausbau würde sich als Jugendherberge empfehlen.

Mit Ausnahme des schon erwähnten Riensberg-Wendt‘schen Hauses und der Apotheke sind infolge der vielen Brände Privathäuser, die ein charakteristisches mittelalterliches Gepräge tragen, nicht mehr vorhanden; aber einige schöne Giebelhäuser finden wir doch noch, z. B. das Hemptenmachersche Kontor mit seinem alten Hauswahrzeichen, dem eingemauerten Schiff in der Kleinen Mühlenstraße. Ein charakteristisches Haus mit seinen Böden ist auch das Freundlich‘sche am Markt. Gegenüber der Westseite der Kirche fällt ein altes Haus durch seine ungeteilten eichenen Pfoten, die sich durch beide Geschosse hinziehen, auf. Nach dem Urteile des Herrn Geheimrat Dr. Lembke dürfte es das älteste Haus in Rügenwalde sein. Wer offenen Auges die Straßen durchwandert, dem wird noch manch altertümlicher Bau, manch schöner Hauseingang und manche Verzierung auffallen. Doch hier heißt es auch: "Komm her und sieh selbst zu!" Allein finden, das macht erst rechte Freude.

An sonstigen Denkmälern hat die Stadt ein Kriegerdenkmal zum Gedächtnis der 1866 und 70/71 Gefallenen an der Karwitzerstraße, einen 1908 errichteten Bismarckstein gegenüber, und das neue Kriegerdenkmal in den Kopfberg-Anlagen aufzuweisen. Das letztere verdient wegen seiner wuchtigen und doch edlen Formen hervorgehoben zu werden. es ist ein mächtiger Block von 2,50 m Höhe und 3 m Breite. Die Vorderseite zeigt eine 1,50 m breite Bronzeplatte von Prof. Werner-Dresden, links eine trauernde Frauengestalt, rechts den Engel des Trostes. Die Rückseite trägt den Spruch Joh. 15, 13. "Niemand hat größere Liebe denn die, daß er sein Leben läßt für seine Freunde." Auf dem Denkmal sind die Namen von 289 aus dem Kirchspiel Gefallenen eingemeißelt. Das Ganze ist ein Werk von G. Schleicher & Co. aus Berlin.