3. Die Fürstin Elisabeth.

Der Name dieser Fürstin erinnert den Pommer an eine Zeit unaussprechlicher Not, an de Schrecken und Nachwehen des 30 jährigen Krieges, an eine Unglückszeit de sich so tief dem Gedächtnis des Volkes eingeprägt hat, daß mit der Schwedenzeit, dem "Banneirschen Ruin", die geschichtliche Erinnerung des Volkes fast aufhört; nur wenige Erinnerungen aus der "katholischen Zeit" reichen darüber hinaus. Die neueren Forscher fällen dazu ein wenig günstiges Urteil über Elisabeth. Daß trotzdem ihr Gedächtnis in Rügenwalde weiterlebt, verdankt sie dem Ausbau der Schloßkirche, zwei Kunstdenkmälern dem Silberaltar und der Kanzel in der Gertudkirche, und ihrer Beisetzung in der Fürstengruft.

Elisabeth wurde 1580 als 5. Kind dem Herzog Johannes dem Jüngern von Schleswig-Holstein-Sonderburg geboren. Erst spät, 1615, vermählte sie sich mit dem Herzog Bogislav XIV. in Rügenwalde und erhielt bei dieser Gelegenheit Schloß und Amt Rügenwalde als Witwensitz zugeschrieben. Ihre Ehe war kinderlos, und das hat wohl am meisten zu ihrer Verbitterung beigetragen, daß sie Zeuge sein mußte, wie ein Sproß des einst blühenden Greifengeschlechts nach dem andern ohne Nachkommen ins Grab sank. 1625 starb der kinderlose Herzog Philipp Julius, und ihr Gemahl bestieg als letzter den pommerschen Herzogsthron, nachdem er schon 1623 das Bistum Kammin übernommen hatte. Sank er als letzter des alten Greifenstammes ins Grab, dann fiel Pommern an Brandenburg. Nicht mit natürlichen Dingen schien das zuzugehen und besorgt sahen alle treuen Untertanen einer ungewissen Zukunft entgegen. Gewiß hat ihre Kinderlosigkeit bei der Witwe, nachdem sie so ohne Erwarten zur höchsten Ehre in Pommern gelangt war, einen tiefen Stachel, einen bitteren Haß gegen ihr Geschick zurückgelassen. An dem Beispiel der zahlreichen fürstlichen Witwen, die in dürftigen Verhältnissen kümmerlich in kleinen Städten ihre Tage hinbrachten - sie brauchte nur an die lebensfrohe Erdmute in Stolp oder die fromme Hedwig in Neustettin zu denken - sah sie, was ihrer nach dem Tode ihres Gemahls wartete.

Auch hatte sie sich das Leben als Herzogin von Pommern in Stettin wohl anders gedacht, als eine Hofhaltung voll Glanz und Pracht, und nun kamen all die Schrecknisse des langen Krieges, denen ihr schwacher und oft kränklicher Gemahl durchaus nicht gewachsen war. Unheilvolle Krankheit brachte den Herzog ganz in die Gewalt von eigennützigen Ratgebern. Dabei herrschte überall der größte Mangel bei Hofe. Eine unnütze, zahlreiche und hochbesoldete Dienerschaft verbrauchte die wenigen Einkünfte, die von den heillos verwalteten Ämtern einkamen. Es ist ja bekannt genug, daß gerade die Neutralität, die der Herzog im Kriege zu bewahren suchte, ihn zum Spielball der kriegführenden Parteien machte, und "Pommerland ist abgebrannt" klingt‘s noch heute als Erinnerung an jene Tage.

Es ist ein tragisches Schicksal, das einen schwachen und kranken Regenten wie Bogislav XIV. mitten in eine Zeit hineinstellte, die eiserner Männer bedurfte. Für Ihn war fein Tod eine Erlösung von schwerem Leiden, für Pommern selbst bedeutete er den Höhepunkt der Wirren; denn jeder betrachtete das Pommerland nun als herrenloses Gut und damit als sein Eigentum. Der Geschichtsschreiber jener Tage, Micraelius, klagt 1640 sehr beweglich: "Pommern ist eine Witwe, die vor eine Fürstin war und nun dienen muß." Für die Herzogin war der Tod ihres Gemahls der endgültige Verzicht auf alle ihre stolzen Hoffnungen. Nicht einmal eine standesgemäße Beisetzung der Leiche fand statt, sondern 17 Jahre mußte diese in einem Saale des Schlosses stehen.

Vollständig verbittert zog sie sich gleich nach dem Tode des Herzogs auf ihren Witwensitz nach Rügenwalde zurück; denn schon im Juli stattete ihr Fürstin Hedwig aus Neustettin einen Beileidsbesuch ab. Fortan hatte Elisabeth nur noch ein Ziel im Auge: für ihre Verwandten in Sonderburg zu sorgen und denen möglichst viel zu hinterlassen. Wenn wir das im Auge behalten, einmal die Erbitterung auf ihr Schicksal, zum andern ihre Fürsorge für ihre Verwandten, so erscheint sie uns hier als Nutznießerin des Amtes in einem milderen, versöhnlicheren Lichte. Schon einmal (1615- 23) hatte sie sich hier aufgehalten, jetzt sollte das Schloß ihr dauernder Wohnsitz werden. Die Kriegszeiten und ihre Sparsamkeit ließen nur einen kleinen Hofstaat zu: Hofmeister Marx Böhn, Jägermeister Julius Bützow‘ Kammerrat Christoph Crüger, Stallmeister und Hofmarschall Barthold Eichhorn, einige Hofdamen und eine größere Anzahl niederer Bedienten.

Da das Schloß lange Jahre unbewohnt gewesen, so wandte sie ihm ihre Sorge vor allem zu, um es wieder zu einem einer Fürstin angemessenen Wohnsitze auszugestalten; ihre besondere Fürsorge erfuhr aber der Kirchenflügel. Hier vollendete sie den Ausbau der nach ihr benannten und von ihrem verstorbenen Gemahl begonnenen Schloßkirche. Begeisterte Schilderungen zeugen davon, daß sie durch ihre Ausstattung einen gewaltigen Eindruck gemacht haben muß.

Damit ist eigentlich erschöpft, was uns heute noch hier an diese Fürstin erinnert; aber um nicht dem Vorwurfe der Parteilichkeit anheim zu fallen, muß auch ihr Verhältnis zu Stadt und Amt berührt werden. Die Stadt brannte 1624 zum größeren Teil und 1648 fast vollständig nieder. Da hat sich Elisabeth nicht als Landesmutter gezeigt, sondern als eine Frau, die nur auf eigenen Vorteil bedacht war. Sie wies den gänzlich verarmten Einwohnern nach den furchtbaren Bränden weder Bauholz an, noch erlaubte sie ihnen, daß sie das Bauholz auf der Wipper und Grabow herunterflößen durften, weil hierunter die Erträge der Fischerei leiden könnten. Die vielen Streitigkeiten mit Stadt und Amt lesen sich höchst unerquicklich. 1649 ließ sie einen eigenen "Amtsgalgen" für die Bewohner des Amtes errichten. Niemand kann und wird sie hierin in Schutz nehmen. Boehmer urteilt sehr richtig: "Liebe und Verehrung hat die Herzogin Elisabeth nicht genossen und auch nicht verdient."

Keine Nachricht in den Registern des Armenkastens findet sich, daß sie irgendwie sich mildtätig gezeigt. Der Marienkirche vermachte sie nur 100 Rtlr. als Entgelt für die Grabstelle und bestimmte 50 Rtlr. zu einer neuen Orgel und Altären. Allgemein waren die Klagen über ihren Geiz, unnachsichtig ließ sie Schuldforderungen eintreiben und nahm den Amtsbauern die alte Mastgerechtigkeit ganz.

Als sie am 21.12.1653 starb, wurde sie zuerst in der Schloßkirche beigesetzt, von wo ihre Gebeine am 21.5.1654 in die Marienkirche übergeführt wurden, um im Gewölbe König Erichs beigesetzt zu werden.