Das Herzogschloß.

1. Seine Geschichte

 

" Hoch ragt aus schatt‘gen Gehegen
Ein schimmerndes Schloß hervor;
Ich kenne die Türme, die Zinnen,
Die steinerne Brücke das Tor."

Über 500 Jahre hat das Greifengeschlecht nachweislich in Pommern geherrscht. Im Jahre 1136 starb der erste Pommernherzog Wartislaw, 1637 der letzte Bogislaw XIV. Seine Stammtafel wirkt verwirrend; denn wir finden darin außer 10 Wartislawen, 12 Barnime, 9 Kasimire, 5 Swantibore u. a. mehr. Durch diese übergroße Fülle der Namen haben die späteren Geschlechter fast alles Interesse an den einzelnen Persönlichkeiten verloren. Seit 1295 teilt das Fürstengeschlecht das Land; es gibt Pomm.-Stettin und Pomm.-Wolgast. Daneben erscheinen die Camminer Bischöfe als Landesherrn zwischen Kolberg und dem Grollen. Dazu stand bis 1295 das Land östlich des Grollen unter den Herzögen von Pommerellen. Neue Teilungen folgten. Um 1377 erscheint die Wolgaster Linie in 4 Fürstentümer geteilt: Barth, Wolgast, Stargard und Stolp. Daneben gab es noch das selbständige Pommern-Stettin, das Bistum Cammin und vielleicht Neustettin als Abfindung für Wartislaw V. 1425 hat Pommern-Wolgast 6 Landesfürsten, die paarweise zusammenregierten, Pommern-Stettin zwei, und den Camminer Bischof dazugezählt, ergibt es für das kleine Pommernland 9 Herrscher nebeneinander.

Daher treffen wir denn auch in unserem Heimatlande glücklich 10 Residenzen an: Stettin, Wolgast, Köslin, Rügenwalde, Loitz, Wollin, Stolp, Neustettin, Barth und Treptow a. Rega. Daraus erklärt es sich, daß die Fürsten nicht in einer gemeinsamen Gruft ruhen, sondern im ganzen Lande zerstreut begraben sind, in der Rügenwalder Fürstengruft liegen König Erich und die Fürstinnen Hedwig und Elisabeth, im alten Kloster Marienkron waren Bogislaw VIII. und IX. beigesetzt, in Buckow Georg III. Aus Rügenwalder Urkunden läßt sich nachweisen, daß hier 14 Herzöge und 3 Herzoginnen Hof hielten, nämlich Bogislaw V., VIII., IX., X., XIII. und XIV., Barnim XI. und XII., Erich I. und II., Kasimir IX., Johann Friedrich, Georg III. und Ulrich und von den Fürstinnen Adelheid, Sophie und Elisabeth. Teils waren es regierende, teils apanagierte Herzöge. Die Fürstinnen hatten Amt und Schloß Rügenwalde als Leibgedinge inne.

Die Frage nach der Gründung des Schlosses wird sich kaum jemals mit einiger Sicherheit beantworten lassen. Man kann fast sagen, soviel Forscher darüber geschrieben haben, soviel verschiedene Ansichten gibt es darüber. Dieser große Wirrwarr ist dadurch entstanden, daß schon vor der Gründung der Stadt bei der Münde ein festes Haus "castrum" bestand, auf das sich die alten Nachrichten beziehen, und daß diese Burg, "dirlow" genannt, fast von allen mit dem Rügenwalder Schlosse verwechselt wird. Aus den Untersuchungen des Landesgeologen Professor Keilhack geht hervor, daß das Wipperbett bei Rügenwalde ein künstlicher Durchstich ist. Im Flusse fanden sich am Schlosse alte Bronzen. Danach mußte hier schon in vorgeschichtlicher Zeit eine Ansiedlung bestanden haben. Auf die Frage nach der Lage von Burg "dirlow" wird in einer späteren Arbeit "Die Feldmark von Rügenwalde" eingegangen werden, hier seien zunächst die ersten Nachrichten über das Rügenwalder Schloß gebracht.

Am 5.2.1271 stellt Wizlaw II. von Rügen in der Burg Schlawe eine Urkunde für das Kloster Buckow aus, in der Rügenwalde zuerst urkundlich genannt wird. Er schenkt dem Kloster in Rügenwalde 2 Hausstellen mit 2 Hufen:

ceterum sepe dicto claustro Bucowe duas areas in civitate nostra Rugenwalde cum duobus mansis in propietatem damus.

Danach hat wahrscheinlich Wizlaw II. die Stadt Rügenwalde um 1270 bei der Burg "dirlow" gegründet.

1275 bestätigt Mestwin II. diese Schenkung, auch er spricht von "civitas nostra Ruyenwolde".

1301 belehnt Sambor von Rügen seinen Kastellan Matthäus in Schlawe mit seinen Gütern bei Rügenwalde, Schlawe und Stolp. Bald darauf, 1305, wurde Ostpommern an die Markgrafen von Brandenburg abgetreten.

1307 bestätigen diese dem Woywoden Peter v. Stolp, seinem Vater Swenzo und seinen Brüdern den Lehnbesitz der 5 Sch1össer Rügenwalde, Schlawe, Pollnow, Tuchel und Neuenburg mit den dazu gehörigen Ländereien.

Am 21. 5.1312 wird Rügenwalde von Swenzos Söhnen durch 5 Besetzer als deutsche Stadt neugegründet.

1327 gestand Jasko von Swenzo der Stadt das Recht zu, das feste Haus bei der Münde, Burg "dirlow", abzubrechen "Castrum ipsi civitate confine".

1333 bestätigt Jasko der Jüngere der Stadt ihre Privilegien und versprach für sich und seine Nachfolger: "Sy sint an erne oder an cope" weder auf dem Walle bei der Münde, wo das Schloß gestanden hatte, oder in der Stadt oder im Stadtgebiete eine Burg oder Feste errichten zu wollen.

1347 erkennen die Swenzonen Bogislaw V. als ihren rechtmäßigen Lehnsherren an. Damit war Rügenwalde an das Pommersche Herzogshaus gekommen.

1352 kaufen die Herzöge die von den neuen Besetzern angelegte neue Mühle, die damals einer Frau Elisabeth bere (Bahr) und ihrem Sohne Peter gehörte, für 1500 Mark an und gelangten (nach Boehmer) dabei wahrscheinlich in den Besitz des Grund und Bodens, auf dem sich später das Schloß erhob. In den folgenden Jahren muß dann das Schloß erbaut sein. Näheres ist darüber nicht bekannt, auch nicht, wie das Privilegium von 1333 - schwerlich gegen den Willen des Rates - umgangen wurde. Vielleicht erhielt die Stadt neue Rechte dafür bewilligt.

Auf Pfingsten 1372 war Bogislaw V. mit seinem Bruder und Neffen und Gefolge in Rügenwalde anwesend. Die Fürsten stellten hier am Fronleichnamstage allen ihren Städten und Landen die Versicherung aus, daß sie sie in ihren Rechten schützen wollten. Damals müßte also das Schloß schon bestanden haben, und seine Gründung wäre in die Zeit von 1352-72 zu verlegen. Diese Darstellung findet sich zuerst bei Boehmer, wenn auch spätere Forscher, so Kurt Wrede 1903 in der Zeitschrift für Bauwesen für eine frühere Gründung eintreten. Er behauptet nämlich, daß 1307 "das Schloß gestanden haben muß, wenngleich anzunehmen ist, daß es damals kaum in seinem ganzen Umfange vorhanden gewesen ist. Durch die Art ihrer Anlage und Konstruktion könnte höchstens angenommen werden, daß allenfalls die Kelleranlagen bis auf diese Zeit (1270) zurückzuführen sind." Weder Boehmer noch Wrede kannten die Untersuchungen Keilhacks und die Bronzefunde in der Wipper beim Schlosse. Aus diesen und dem Signum verschiedener angeführter Urkunden könnte man annehmen, daß auf der Stelle schon früher eine wenig umfangreiche Befestigung (Schloß) gestanden habe und daß die heute noch erhaltenen Bauten von einem Neubau herrühren, der in jenen Jahren aufgeführt wurde. Dieser Auffassung schließe ich mich an. Auch Oberbaurat Schmid hat in seiner "Denkschrift über das Schloß in Rügenwalde" folgende Zeittafel für die Baugeschichte aufgestellt:

1. Um 1380 begonnen: Neubau, mit Ost- und Westflügel und Südtor. Wartislaw VII.

2. 1538: Bauten an den Türmen. Barnim XI.

3. Um 1570-80: Obergeschosse des Ost- und Nordflügels. Barnim XII.

4. 1625 innere Einrichtung der Schloßkirche im Ostflügel begonnen, 1639 eingeweiht.

Im Anschluß hieran mögen die übrigen Nachrichten über die Schicksale des Schlosses und seine jeweiligen Besitzer gebracht werden.

1387 waren Schloß und Amt Wittum der Herzogin Adelheid und wurden von ihr selbständig verwaltet.

1398 verlieh Bogislaw VIII. auf seinem Schlosse Rügenwalde der Stadt das Münzrecht.

1411 kauft Bogislaw VIII. hier von Paul Kranksparr Anteile von Lantow und Suckow

1418 stirbt Bogislaw VIII. und wird in Marienkron beigesetzt. "Dar personliken licht begraven".

7.12.1446 stirbt Bogislaw IX. in Oliva und wurde bei seinem Vater beigesetzt. "Bogislaus dux nobiscum sepultus."

1449 segelt König Erich mit seinen Schätzen nach Rügenwalde und hält hier bis zu seinem Tode 1459 Hof.

Nach König Erichs Tode ging das Schloß über an die Gemahlin des Herzogs Erich II., Sophie, der Mutter Bogislaws X.

1474-83 war das Schloß Witwensitz der Herzogin Sophie, die 1483 nach Stolp verzog und dort 1497 starb.

Bogislaw X. hat sich hier oft und gerne aufgehalten, so 1476, 1480, 1483, 1491, 1497, 1508. Während seiner Fahrt nach dem heiligen Lande weilte seine Gemahlin hier.

1517 soll er Bugenhagen hierher berufen und ihm den Auftrag zur Abfassung seiner Pomerania gegeben haben.

1534-35 im Winter hält sich Barnim XI. mit Johann Bugenhagen hier auf.

1539 leitet Barnim XI. hier die Kirchenvisitation.

1556 legt Barnim XI. bei dem Schlosse einen Ackerhof an, dem die Ländereien von Marienkron zugeteilt werden.

1558 hielt hier Barnim XI. im Winter Hof. Die Stadt wurde in der Zeit von 2 heftigen Sturmfluten heimgesucht. Das Wasser stand ellenhoch an der Stadtmauer, auf der Münde wurden 18 Häuser zerstört, die Leute retteten sich auf Bäume. Überhaupt teilte Barnim die Vorliebe seines Vaters und hielt sich hier häufig monatelang auf.

1569 erhielt Barnim XII. Stadt und Amt Rügenwalde, mußte sich aber bis zum Tode Barnims XI. mit Bütow begnügen. Das Schloß wurde nun bis 1622 meist apanagierten Herzögen überwiesen. Ihnen standen in ihren Gebieten vollkommen landesherrliche Hoheitsrechte zu unter Vorbehalt der Einheit des Herzogtums nach außen hin und in Betreff der Zuständigkeit der Hofgerichte. Sie bestätigten auch die Privilegien der Stadt.

1571 im Februar schreibt Johann Friedrich einen Landtag nach Rügenwalde aus, ist auch im Sommer und Herbste hier anwesend. Barnim XII. hielt sich anfangs nur vorübergehend hier auf und gab 1575 der Stadt das Recht, mit rotem Wachse zu siegeln. 1582 vermählte er sich mit Anna Maria von Brandenburg und erwählte das Schloß zu dauerndem Aufenthalt. 1584 verlegte er die fürstliche Ziegelei von Buckow nach dem Orte der heutigen Stadtziegelei.

1602 erhält Kasimir IX. das Schloß als Apanage und stirbt in Neuenhagen 1605.

1606 erhalten Bogislaw XIV. und Georg III. Stadt und Amt Rügenwalde und Buckow und residieren hier. 1615 vermählt sich Bogislaw XIV. in Rügenwalde mit Elisabeth von Schleswig-Holstein und bleibt hier dauernd bis 1620. Nach ihm kommt Ulrich in den Besitz des Schlosses. Nach seinem Tode fällt es 1622 an Bogislaw XIV. zurück. 1623 nimmt er hier die Erbhuldigung entgegen.

Im 30 jährigen Kriege wurde das Schloß durch Hauptmann Nikolaus v. Below mit 30 angeworbenen Knechten in Verteidigungszustand versetzt. 1628 versuchten die Kaiserlichen, das Schloß zu besetzen. 1629 wurde der Ackerhof beim Schlosse besetzt und am 29. Mai das Schloß geplündert, 1630 das Schloß abermals besetzt.

Von 1637-54 waren Schloß und Amt Rügenwalde Leibgedinge der Herzogin Elisabeth.

1654 wurde beim Schlosse ein Gestüt angelegt.

1679 und 80 wurden Teile des Schlosses durch Feuer zerstört, der Turm 1686 wieder hergestellt.

1691 besuchte Kurfürst Friedrich III. auf einer Durchreise das Schloß. Seitdem hat es anscheinend keinen fürstlichen Besuch mehr beherbergt, bekannt ist nur, daß Friedrich Wilhelm V. es als Kronprinz und auch später als König besichtigte.

Unter Friedrich dem Großen wurden die Säle über der Kirche als Salzspeicher eingeräumt.

1805 wurde die Schloßgemeinde aufgelöst und die wertvolle Ausstattung aus der Kirche genommen.

1807 wurde im Schlosse ein französisches Lazarett eingerichtet.

1833 sollte das Schloß ganz abgebrochen werden. Der Wipperflügel wurde niedergelegt, auch der oberste Teil des Burgfriet abgetragen, ebenso andere Teile des Schlosses. Dem Einschreiten Friedrich Wilhelms IV. ist es zu verdanken, daß die übrigen Teile erhalten blieben, In der Folgezeit soll es dann dem Schloßmühlenbesitzer für 500 Taler angeboten fein, der aber auf den Ankauf verzichtete. 1812 und 1813 wurden die Gebäude des aufgeteilten Ackerhofes abgebrochen. Aus dem Material der großen Kornscheune erbaute Dr. Georg Friedrich Büttner das ursprüngliche Friedrich-Wilhelmsbad. 1841 wurde hinter dem Schlosse eine Bewahranstalt für Irre und Sieche eingerichtet, die dann in eine Irren-Heil- und Pflegeanstalt umgewandelt wurde.