6. Die Verwaltung des Amtes

Nach der Erbteilung 1569 sollten künftig nur Regierungen in Stettin und Wolgast sein, jüngere Brüder der Herzöge sollten durch besondere Apanagen entschädigt werden, Von Pommern-Stettin waren dafür die beiden Ämter Bütow und Rügenwalde ausersehen "Der Inhaber der Apanage genoß alle regelmäßigen Leistungen und Abgaben der bäuerlichen Untertanen beider Ämter, ferner die Gerichtsgefälle aus der Jurisdiktion über diese Untertanen, nicht minder aber aus der über eine Anzahl Adliger, die in genauer Berechnung der Apanage beigefügt waren, um deren Ertrag zu erhöhen." (Petsch, S. 4.) In erster Instanz entschied im Rügenwalder Amt (nicht in der Stadt, die ja Lübsches Recht hatte) das Rügenwalder Hof- oder auch Vogteigericht genannt, im Rügenwalder Schlosse. Die Berufungsinstanz war das Stettiner Hofgericht. Vom Landtage außerordentlich bewilligte Steuern entfielen für den Umfang des Amtes auch an den jeweiligen Inhaber.

Wenn das Amt Leibgedinge einer fürstlichen Witwe würde, waren die Einkünfte etwas geringer, weil dann die außerordentlichen Steuern an den Herzog gezahlt werden mußten. Die Fürstin übergab die Verwaltung dem Schloßhauptmann und richtete sich einen kleinen Hofstaat ein.

Die Verwaltung eines so ausgedehnten Besitzes erforderte naturgemäß einen großen Verwaltungsapparat. Nach dem Urbarium 1624, dem Inventarium von 1648 und den Einrichtungsakten von 1723 waren vorhanden:

1 Amtshauptmann, (Schloßhauptmann, Vogt), 1 Stallmeister, 1 Rentmeister, 1 Amts-Aktuarius, 1 Kornschreiber, 2 Gerichtsvögte (einer fürs Amt und einer für die Abtei), 2 Landrenter, 1 Schloßvogt, 1 Heidereuter, 1 Schloßprediger und 1 Schloßküster. Die Verwaltung ist natürlich im Wechsel der Zeiten auch oft geändert worden. Für jedes der 52 Dörfer war ein Schulze gesetzt. Die Vorwerke wurden von Hofmeistern verwaltet.

Dem Amte stand der Vogt oder Amtshauptmanm vor. Entsprechend der Stellung waren es Mitglieder des hinter-pommerschen Adels. Bis zu Bogislaw X. Zeiten brauchten sie dem Herzog nur bestimmte Abgaben und Dienste leisten und verwalteten sonst das Amt zu eigenem Nutzen. Ihre Amtsbefugnisse waren außerordentlich groß. Sie übten die Gerichtsbarkeit und Polizei über die Amtsuntertanen aus, waren für den Landfrieden verantwortlich, hatten die Vorwerke zu beaufsichtigen, auch darauf zu sehen, daß das Strandrecht nicht ausgeübt wurde, das Schloß zu schützen, die aufgebotenen Untertanen zu befehligen und dafür zu Sorgen, daß das Amt die vorgeschriebenen Rüstwagen mit 4 Pferden bespannt zur Heeresfolge stellte. Infolge dieser zahlreichen Befugnisse gerieten sie oft in Streitigkeiten mit den Behörden der im Amte liegenden Immediatstädte Rügenwalde und Zanow und dem umwohnenden Amtsadel.

Seit Bogislaw X. stand dem Hauptmann ein Rentmeister zur Seite, der die Einkünfte des Amtes verwaltete. Er war zwar Untergebener des Vogts, aber in dessen Abwesenheit sein Stellvertreter. Dem Rentmeister wurde zur Entlastung ein Kornschreiber oder Mühlenaufseher, dem Hauptmann ein Amtsaktuarius (Gerichtsschreiber) beigegeben. Die Befehle des Hauptmanns führten 2 Landreiter aus und sorgten für Ordnung. Die Aufsicht über die Forsten übten Heidereiter aus, wozu noch aus den benachbarten Dörfern Holzwärter traten. Dazu kamen noch zahlreiche Unterbeamte: Torwart, Gärtner, Koch, Schütze, Brauer, Hopfenwärter, Böttcher, Schmied, Fischer.

Nach der Bauernordnung von 1616 waren die Bauern in Pommern-Stettin nicht Erbzins- oder Pachtleute, sondern Leibeigene "homines proprii et coloni glaebae ascripti". Diese Leibeigenschaft galt allgemein, auch wenn der Vater als Schulze, Krüger oder Müller eine bessere Stellung einnahm. Die Bauern haben am Gute "gar kein dominium nec directum nec utile, auch keine Erbgerechtigkeit nec ex contractu emphuteutico nec libellario nec censuali weder eigentümlich noch sonsten". Inbezug auf den Besitz der Höfe selbst wurde ein Unterschied anerkannt. In einigen Gegenden, Micraelius nennt Pyritz und Rügenwalde, war der Hof Eigentum der Bauern. Wenn der Herr den Bauern auf einen andern Hof setzte, dann sollte dieser gleichwertig sein. Wenn er den Bauern austrieb, konnte er den Hof aufkaufen, ein anderes Hindernis lag gegen die Austreibung nicht vor. In der Regel sollte aber dem Bauern 1 Jahr vorher gekündigt werden. Der abziehende Bauer war dann frei, er sollte auch die Hofwehr (Inventarlum) behalten; aber das Gegenteil war die Regel.

Der Bauernordnung beigefügt wurde die Schäferordnung. Der Schäfer tat gewöhnlich eine Anzahl von Schafen, die sein Eigentum waren, mit denen des Herrn "ins Gemenge". Wenn er verzog, nahm er seine Schafe mit. Er nahm auch die Umterknechte an, die auch ihre eigenen Schafe hatten. Der Schäfer durfte nicht über 1/6 des Gemenges als Eigentum besitzen. Der Gewinn sollte danach verteilt werden.

Anfangs war der Vogt auch Vorgesetzter und Gerichtsherr des Adels, dessen Güter dem Amte beigelegt waren. "Zu Rügenwalde gehörten an sich nur zehn Roßdienste in der Hand von 3 Familien, denen in der Erbteilung andere zugelegt wurden". (Petsch 127.) Allein bald nach 1620 verschwindet Rügenwalde als selbständiger Distrikt, als es aufhört, Apanage zu sein. 1624 wird in der Wittumsverschreibung für die Herzogin Elisabeth die Ritterschaft nicht ins Wittum einbezogen, sie war teils unter Schlawe, teils unter Stolp gefallen. Hinsichtlich der Aufbringung der Landessteuern rechnete man später manchmal einige adlige Güter, die dem Amte bedepflichtig waren, wie Vietzke, Gatz, Reddentin und Schübben, noch zum Amte; doch ihre Besitzer unterstanden der Gerichtsbarkeit der Landvögte von Stolp und Schlawe. Der Vogt hatte auch die landesherrlichen Gerechtsame der Stadt und dem Adel gegenüber wahrzunehmen, so beauftragte Barnim XI. 1549 den Vogt Adrian Below, "einige Mitglieder der Familie Lettow in Verstrickung zu nehmen", (Boehmer S. 330.)

Viermal im Jahre hielt der Hauptmann im Schlosse ordentliche Gerichtstage ab, immer 8 Tage nach Ostern, Johannis, Michaelis und Neujahr, bei peinlichen Sachen zog er einige Mitglieder des Rates als Beisitzer zu. In späterer Zeit war der Stadtvogt immer mit seinen Beisitzern "bei Ausübung der Strafrechtspflege des Amtes zugegen." An der Schloßbrücke nahm er den Verurteilten in Empfang und ließ ihn durch den städtischen Scharfrichter rechtfertigen.

"Sonsten hoben auch die beiden Gerichtsvoigte, als jetziger Peter Schwartze zu Eventhin in der Abtei und Adam Dreyer zu Natzmershagen im Amt Rügenwalde ihr gewisses Bauergericht, wird von alters Hofeding genannt, darinnen sie Schulzsachen und andere geringschätzige Dinge einmal im Jahre richten und schlichten." (Invent. 1648.) Noch heute zeigt man in Natzmershagen den Platz unter alten Bäumen, wo das Hofeding abgehalten wurde.

Nach dem Tode der Herzogin Elisabeth kamen Verwaltung und Einkünfte an Kurbrandenburg, Hauptmann Franz v. Güntersberg verblieb in derselben Stellung. Wie wir früher gesehen haben, befand sich das Amt unter ihm unter guter, wenn auch strenger Verwaltung, daher auch in einem besseren Zustande als die meisten anderen pommerschen Ämter, ihre Verwandten machten wegen gegebener Darlehen, Meliorationen u. a. Forderungen geltend. Im Vertrage des Großen Kurfürsten mit Herzog Christian August zu Schleswig-Holstein wurden ihnen statt anderer Erbschaft 30000 Taler zugebilligt, die als Hypotheken auf 2 Vorwerke im Amte eingetragen wurden.

Über die weitere Geschichte des Amtes kann ich nur einige Mitteilungen aus Akten des früheren hiesigen Rentamtes machen. Um die Einkünfte zu erhöhen, gab der König das ganze Amt an einen Generalpächter 1723, der auch zugleich die Obliegenheiten eines Rentmeisters zu versehen hatte. Die Beamten wurden bis auf die notwendigen entlassen, der Generalpächter bewirtschaftete die Domäne Schloßhof selbst und gab die übrigen meist in Unterpacht. Die Einkünfte hoben sich schnell in den folgenden Jahren. So kamen 1791 ein an

Domänen-Gefällen 24360 TIr. 17 Gr. 6 7/8 Pf.
Kriegs-Gefällen 13225 TIr. 12 Gr,
Forst-Gefällen 3297 TIr. 22 Gr. 3 Pf.
  Sa. 40884 TIr. 3 Gr. 9 7/8 Pf.

Darunter findet sich der Ertrag des Lachsfanges mit 202 TIr. 21 Gr. 2 Pf. angegeben.

Um die drückende Schuldenlast zu tilgen, wurde 1807 beschlossen, einen Teil der Domänen aufzuteilen oder zu veräußern. Wäre nicht die pommersche Ritterschaft in die Bresche gesprungen, dann wären wohl damals die meisten pommerschen Domänen verschleudert worden. Um nicht noch mehr durch Sinken des Bodenpreises geschädigt zu werden, als dies schon durch Aufhebung der Guts-Untertänigkeit geschehen war, mußte sie gutsagen, so wurde denn nur ein Teil der Domänen parzelliert, nämlich Altenschlawe, Damerow, Järshagen, Karnkewitz, Kugelwitz, Malchow, Schloßhof und Zwölfhufen, so daß im Bezirk des ehemaligen Amtes nur 6 Domänen liegen: Buckow, Büssow, Drosedow, Neuenhagen, Palzwitz und Petershagen.

Aus den Akten der großen Separation in Rügenwalde ergibt sicht, daß zur Domäne Schloßhof die ganzen Äcker des Klosters Marienkron, die Bandhufen, Kirchenhufen und die große Rode- und Stubbenwiese bei Damshagen gehörten. Den größten Teil des Schloßhofackers und der Wiesen kauften Rügenwalder Bürger.

1810 389 Morgen Ackerland und Wiesen.

1834 45 Morgen Ackerland und Wiesen.

1839 erwarben die altpommerschen Stände 45 Morgen und einige Gebäude zur Errichtung einer Bewahranstalt für Sieche und Irre. Die Rode- oder Herrenwiese ging in Damshäger Besitz über. Aus den übrigen aufgeteilten Domänen entstanden neue Dörfer wie Neu-Järshagen und Neu-Kugelwitz oder die Bauern der gleichnamigen Dörfer kauften den Acker auf.

Die Vögte und Hauptleute des Amtes.

(Das Verzeichnis ist von Boehmer aufgestellt.)

Jeroslaus 1342, Vogt der Swenzonen,

Abraham Palow 1344, Vogt der Swenzonen,

Henning Below 1371.

Eckard v. d.. Wolde 1385, 1389.

Henning Sanitz (Zancz, Zaentze) um 1421; war 1431 nicht mehr Vogt und starb 1436.

Klaus Sanitz 1441.

Otto Massow 1463.

Hans Massow 1476, 1479.

Jürgen Kleist 1486, 1493.

Michael Böhm 1506.

Lütke Massow 1508 bis Sommer 1528.

Jürgen Eickstedt Sommer 1528-1530..

Darauf wahrscheinlich wieder Lütke Massow bis 1536.

Paul Wobeser 1536, 1539.

Lorentz Parsow, Amtmann um 1541.

Adrian Below 1546-1552.

Hans Satspe August 1552 bis etwa 1567.

Max Ramel 1568-1574.

Jürgen Below 1575, war 1599 tot.

Joachim Döpke 1602, 1605.

Benz Münchow 1607, 1612.

Franz Böhm 1621, 1623.

Nikolaus Below 1623-1631.

Martin Maes, Amtmann, vordem Rentmeister in Bütow 1831 -1634.

Georg Krockow 1634-1638 oder Anfang 1639.

Franz v. Güntersberg 1639 bis t 5.10.1679; Dekan.

Joachim v. Carnitz 1680 bis etwa 1700; Regierungs- und Kammerrat.

Kasper Otto v.. Massow etwa von 1700-1726; Hofrat, Später Minister und Oberpräsident.

Der Herr Baron von Tschammer.

Auf dem Rügenwalder Kirchhofe befindet sich eine Grabplatte mit einer fast unleserlichen Inschrift. Sie deckt

die Gruft zu, in der die Gebeine des letzten Domänen-Amtsintendanten ruhen. Wer sich Mühe gibt, entziffert auf der Platte

Franz Freiherr v. Tschammer
Königlicher Domänenrat
geb. 15. April 1790
gest. 9. April 1865

Im ganzen Amte hieß er nur der Herr Baron. Er war weit und breit die gewichtigste Persönlichkeit. Seine Anwesenheit verlieh erst den Schützenfesten, Paraden und sonstigen Feierlichkeiten die rechte Weihe, und zahlreiche Anekdoten knüpfen sich an seine Person.

Ein Pastor in einem Amtsdorfe beschwerte sich einst über das schlechte und grobe Papier, das er zu seinen Bekanntmachungen und Mitteilungen gebrauchte. Er schrieb unter die Beschwerde: "Urkundlich mit dem Vermerk zurück: "Was nützt das feine Papier, wenn Grobheiten darauf stehen!"

Der Besitzer des Aalkatens schickte durch seinen Knecht einen Brief an den Herrn Baron und dabei als Präsent eine Anzahl dickster Aale mit. Die Kiepe, in der der Knecht diese schmackhaftem Tierchen auf dem Rücken trug, war vor Altersschwäche etwas löchrig geworden. Die Aale faßten diesen Schicksalswink richtig auf und zogen es vor, auf dem weiten Wege zur Stadt zu verschwinden. Als Johann vor dem Amte ankam und die Kiepe herunternehmen wollte, da sah er keinen Gefangenen mehr darin. Na, er verließ sich auf sein Glück und brachte schweren Herzens dem gestrengen Herrn Baron den Brief. Der Schnitt ihn auf, las ihn durch und fragte dann mit durchdringendem Blick, wie eben nur solch ein Königlicher Domänenrat, der nebenbei noch dazu Freiherr von Tschammer heißt, blicken kann:

"Aber in dem Briefe stehen doch noch Aale drin?" worauf unser pfiffige Johann sehr gefaßt ganz treuherzig erwiderte: "Dat is man gaut, dat sei im Breif sind. Ick wunnert mi ock all, wo sei blewe wiere. Na denn adjüs ock, Herr Baron!" Damit machte er eilfertig, daß er aus dem Zimmer kam und ließ sich auf keine weitere Unterhaltung ein.