2. König Erich, der Pommer.

"Von der Parteien Gunst und Haß verwirrt,
Schwankt sein Charakterbild in der Geschichte."

Erich I. wurde 1382 als erster Sohn dem Herzog Wartislaw VII. geboren. Sein Vater fand 1395 bei seiner Rückkehr aus dem h. Lande in Ungarn ein gewaltsames Ende; in jener Zeit der politischen Zerissenheit Deutschlands, der Zeit der ewigen Kriege und Fehden nichts Außergewöhnliches

Machen wir uns erst kurz die verwandtschaftlichen Verhältnisse klar: Waldemar IV., von 1340-75 König von Dänemark, nach seinem Lieblingswort auch "König Atterdag" (den andern Tag) genannt, hatte 1370 infolge des Friedens von Stralsund aus Dänemark fliehen müssen. Ihm folgte sein unmündiger Enkel Olaf, für den seine Mutter Margarete, eine Tochter Waldemars und Gemahlin Harkons VII. von Norwegen, die Regierung führte. Nach Olafs Tode wurde sie, die nordische Semiramis, 1375 Königin von Dänemark, 1380 von Norwegen und 1388 von Schweden. Sie vereinigte dann alle drei Reiche 1387 in der Kalmarer Union. Weil sie ohne leibliche Erben war, wählte sie zu ihrem Nachfolger den Sohn ihrer Nichte Maria, Herzogin zu Mecklenburg-Schwerin und Gemahlin des Herzogs Wartislaw VII. von Pommern-Stolp, eben unsern König Erich, nach dem Tode seines Vaters Herzog Erich I. von Pommern-Stolp und nun auch König von Dänemark, Schweden und Norwegen. Weil der Name Erich unter den Herrschern der drei Reiche häufig wiederkehrte, führte er nach den verschiedenen Zählungen in den Reichen die Bezeichnungen VII., IX. oder XIII.

Rauh und kriegerisch war die Zeit, ein Menschenleben galt nicht viel, und seine ganze Regierung ist eine ununterbrochene Kette von Kriegen aller Art, die meist ungünstig für ihn verliefen. Allein mancherlei Umstände tragen dazu bei, ihn uns menschlich näher zu bringen und manche Seite seines Lebens zu erhellen, so daß wir nicht ohne weiteres in das Verdammungsurteil der meisten Geschichtsschreiber mit einstimmen wollen, die sich mit seiner Person beschäftigt haben. Vor allem wollen wir nicht vergessen, daß er auch als Unionskönig über all den Wirren immer das Beste seines Stammlandes Pommern-Stolp im Auge gehabt und dafür gewirkt hat. Nur spärlich ist die Literatur über ihn. Die Pommerschen Geschichtsschreiber beschäftigen sich meist nur mit seiner Tätigkeit als pommerscher Herzog; den nordischen diktiert Haß die Feder, wie wir sehen werden, so daß wir so gut wie gar keine Lebensbeschreibungen von ihm haben. In Deutschland hat sich meines Wissens nur Dr. Frhr. Golwin von der Ropp in seiner Habilitations-Schrift "Konig Erich der Pommer und die Skandinavische Union" mit ihm beschäftigt, in Kopenhagen erschien 1901 "Erslav, Erich af Pommern, hanskamp for Sonderjydland og Kalmarunionens öplösning." Bisher die beste Beurteilung unter den pommerschen Geschichtsschreibern hat Dr. Wehrmann in seiner Pommerschen Geschichte geliefert. Sonst finden sich hier und da in den pommerschen Chroniken und in den Baltischen Studien Nachrichten über ihn. Ich will versuchen, im folgenden aus diesen Quellen ein einheitliches Bild zu zeichnen, wobei ich bemerke, daß die einzelnen Quellen in den Daten voneinander abweichen.

Über seine Jugend ist so gut wie garnichts bekannt. Dichterisch ausgeschmückt hat sie Wilhelm Jensen in "Der Tag von Stralsund", Verlag Max Hesse-Leipzig, ein Buch, das hiermit bestens empfohlen sei, wenn es auch in mancher Hinsicht mit den Ergebnissen der historischen Forschung nicht übereinstimmt; allein der Dichter hat ja Freiheit, den Stoff nach seiner Phantasie zu gestalten.

Bei Jensen heißt es Seite 12: "Um diese Zeit (gemeint ist 1388, die Blütezeit der deutschen Hanse) spielt, unweit der Hansestadt Rügenwalde im östlichen Pommerlande, manchmal am einsamen Ostseestrande ein 7jähriger Knabe mit farbigen Steinen und Muscheln, die ihm die Wellen vor die Füße spülen. Er wandert dorthin von einer nahe an der Küste gelegenen Burg, die, obwohl von Wall und Graben umgeben, mehr nur einer ländlichen Hofstätte gleicht als einem fürstlichen Schloß, obwohl Herzog Wartislaw von Pommern-Wolgast darin haust, der Vater des kleinen Knaben." Wartislaw VII. war Herzog von Pommern-Stolp und nicht Pommern - Wolgast und die ländliche Hofstätte seit 60 Jahren ein festes Schloß der ostpommerschen Herzöge; aber jedenfalls hat Erich hier seine Jugend verlebt und Margarete ihn von hier aus zu sich berufen; denn 1389 wurde Erich von den dänischen und norwegischen Ständen und 1396 auch von den schwedischen zu ihrem Nachfolger gewählt. 1397 wurde er dann in feierlicher Weise als König der nordischen Union zu Ihrem Nachfolger ausgerufen; aber die Königin behielt die Zügel der Regierung bis zu ihrem Tode 1412 in ihren Händen. Er vermählten sich dann mit Phillippa, einer Tochter Heinrichs IV. von England, die ihm einen Brautschatz von 100 000 Gulden mitbrachte, für jene Zeit eine ungeheure Summe.

25 Jahre hat Erich als Unionskönig regiert, und diese Zeit ist nur von Kriegen und Abenteuern ausgefüllt. Nach welcher Seite hin man diese Regierungstätigkeit auch betrachtet, überall begegnet man denselben Fehlern: eigensinnigem Festhalten an einer einmal gefaßten Meinung und Mangel an Einsicht in die Aufgaben, die Skandinavien ihm stellte. Die ersten 20 Jahre seiner Regierung nimmt der unglückliche Krieg in Anspruch, den dieser mit dem Grafen von Holstein um die Lehnsfolge führte. Alle ihm zur Verfügung stehenden Kräfte verwendete er für einen Landstreich im äußersten Süden seines Reiches, auf einen Krieg voll unglaublicher Fehler, ohne auf die Anforderungen und Bedürfnisse der drei Reiche Rücksicht zu nehmen. Es galt ihm, Schleswig dem dänischen Reiche einzuverleiben. Schon Margarete hatte vergeblich danach getrachtet. 1416 verweigerte Erich die Lehnsübertragung von Schleswig für den l6jährigen Grafen Heinrich von Holstein und suchte mit Waffengewalt sich in den Besitz von Schleswig zu setzen. Die Grafen von Holstein wie auch König Erich wandten sich um Beistand an die deutschen Hansen. Diese war in sich selbst nicht einig, und so finden wir ihre Mitglieder bald auf dieser, bald auf jener Seite kämpfen. Im offenen Felde war Erich meist unglücklich; aber auch seine Gegner konnten wegen der Übermacht des Königs keine entscheidenden Schläge führen. Am meisten litt der Handel der Hanse darunter; Kaperschiffe machten von beiden Seiten die Ostsee unsicher.

Erich wandte sich an seinen Vetter, den Kaiser Sigismund als Schiedsrichter, der zu seinen Gunsten gegen die Grafen von Holstein entschied, die nun wieder an den Papst appellierten. Erich bedrohte die deutschen Heringsfänger auf Schonen und öffnete den Holländern den Zugang zur Ostsee. Dafür plünderten die Hansen die dänischen Küsten und machten eine holländische Flotte durch Wegnahme alles Takelwerks unbrauchbar. Darauf schlugen die Dänen eine hansische Flotte im Sunde und machten reiche Beute. Diese schweren Verluste erzeugten erbitterte Kämpfe in den hansischen Städten zwischen Rat und Bürgerschaft. So unfähig König Erich in der Kriegsführung war, so meisterhaft verstand er es, diese Zwietracht auszunutzen und die Bürgerschaften gegen den Rat aufzuwiegeln. Die Führer der Hamburger und Lübecker Flotten wurden teils hingerichtet, teils mit schwerem Gefängnis bestraft.

In diese Zeit fällt das von Jensen geschilderte Unternehmen gegen Stralsund. Nach Kantzow hatte Erich 1420 die Insel Fehmarn erobert und sich dabei ungeheure Grausamkeiten zuschulden kommen lassen. Gewissensbisse (umb den mort, so er in Vemern begangen) sollen ihn nun bewogen haben, 1424 eine Fahrt nach dem h. Grabe in Jerusalem zu unternehmen. Vorher ließ er aber seine pommerschen Verwandten nach Kopenhagen kommen und ermahnte sie, da sie "von einem Stammen und Blote waren", während seiner Abwesenheit Frieden zu halten und sich gegenseitig zu unterstützen, auch seiner Gemahlin Philippa zu helfen, der er strengstens Befahl, die im Hafen von Kopenhagen zusammengezogene Flotte nur im Falle höchster Not zu gebrauchen.

Die ehrgeizige Königin lebte mit ihrem Gemahle aber in Unfrieden, die Ehe soll kinderlos gewesen sein, und so ließ sie sich durch ihre Räte zu dem Zuge gegen Stralsund bewegen, rüstete mit ihrem Brautschatze eine glänzende Flotte von 70 Schiffen aus, um durch einen plötzlichen Überfall die feste Stadt am Sunde zu nehmen, ihren Gemahl bei seiner Rückkehr damit zu erfreuen und so seine Zuneigung wieder zu gewinnen. Allein der Plan mißglückte gänzlich. Nur das Hauptschiff mit 150 Dänen entging den tapferen Stralsundern. Jensens Darstellung entspricht also nicht der geschichtlichen Tatsache.

Über Erichs Verhalten bei dieser Nachricht erzählt Kantzow: "Danach kam König Erich mit großem Triumph wieder vom heiligen Grabe. Als er aber den Verlust seiner Kriegsschiffe hörte, benahm es ihm alle Freude. Als er wieder Heimkam, schalt er auf die Königin, daß sie gestattet hatte, daß die Schiffe weggenommen würden, und hat sie mit harten Worten, und wie etliche sagen, auch mit Schlägen angetastet. Da sie guter Hoffnung war, hat sie sich so sehr erschreckt, daß sie nicht lang danach starb."

Einige Jahre darauf, 1427 fiel eine andere dänische Flotte, die die eingesammelten Hilfsgelder von Schweden nach Dänemark bringen sollte, bei Kopenhagen in die Hände der "dudeschen Hanse". Die Marienkirche in Lübeck bewahrt noch Erichs Standarte aus der Schlacht auf, in der er auch nicht zugegen war. Die Standarte wurde in diesem Falle neben die Admiralsflagge gesetzt, zum Zeichen, daß die Flotte mit dem Willen ihres Königs das Treffen sucht. Die eigene Flagge wurde auf dem besiegten Schiffe gehißt, die besiegte Flagge umgedreht und ganz tief gesetzt. Bald darauf fiel auch Flensburg, und Erich erhielt 1434 die Nachricht, daß Schweden in vollem Aufruhr gegen ihn begriffen sei. Das bewog ihn 1435 zum Frieden von Hadersleben. Er hatte nichts erreicht. Herzog Adolf, der letzte Sproß des Holsteiner Geschlechts, erhielt Schleswig zu friedlichem Besitz auf Lebenszeit.

Gewissermaßen in fünf Akten zieht das Leben König Erichs vor unseren Augen vorüber. Der erste behandelt kurz seine Jugendzeit und seinen Aufstieg zum Königtum, der zweite und umfangreichste seine langwierigen und unglücklichen Kriege als Unionskönig. Es beginnt der 3., der auch nur wenige Jahre, 1434-39, seine Vertreibung umfaßt. Der mehr als 20jährige Krieg hatte den 3 Reichen die schwersten Wunden geschlagen. Der König hatte zur Münzverschlechterung und dem Zwangskurs greifen müssen.

Das neugeprägte Geld hatte nur ein Viertel des alten an Wert, und die Untertanen mußten es gegen das voll-wichtige eintauschen, verloren also den größten Teil ihrer Habe. Die auswärtigen Kaufleute verweigerten seine Annahme und tauschten nur Ware gegen Ware. Handel und Verkehr stockten überall. Dazu hatte er die bisherigen Naturalleistungen der Landleute in Geldabgaben verwandelt und Steuern in ungeahnter Höhe ausgeschrieben. Wenn die Bauern diese Steuern nicht zahlen konnten, wurden sie von den Vögten gezwungen, ihre bewegliche Habe für jeden Preis zu verkaufen. Als er Adel und Geistlichkeit entgegen ihren Privilegien auch dazu heranzog, hatte er auch deren Sympathien verscherzt. Unwillig sah man in Schweden alljährlich diese Summen nach Kopenhagen wandern, sah einen Krieg um ein kleines Stück Land führen, das für Schweden gar keine Bedeutung hatte, noch unwilliger sah man schwedische Untertanen alljährlich gezwungen, für dies Land ihr Blut zu vergießen. Den höchsten Unwillen aber erregte es, daß der König die einträglichsten und wichtigsten Ämter mit Dänen und Pommern besetzte, die sich nicht dem schwedischen Rechte unterwarfen, sondern nach ihrem Gutdünken schalteten und walteten. Nicht anders verhielt es sich mit den Kirchenämtern. Obwohl das Domkapitel zu Upsala bereits einen Erzbischof gewählt, ernannte er den Dänen Gerelini, den man der unsaubersten Laster beschuldigte, zum Erzbischof von Upsala. Auf Klagen der Bischöfe erhielt der Erzbischof von Riga vom Papste den Befehl, den Fall zu untersuchen. Gerelini mußte ins Gefängnis wandern. In Strengnäs setzte er einen Bischof ein, der vom Papste mit dem Bann belegt wurde und den Sitz durch seinen ärgerlichen Lebenswandel besudelte.

Endlich brachte der Vogt Jens Erichsohn von Westerös das Maß zum Überfließen. Er ließ die Bauern, wenn sie die Steuern nicht zahlen konnten, im Rauch aufhängen, Weiber vor den Pflug spannen und schänden und dergleichen Grausamkeiten mehr verüben. Da traten die freien Bauern in den erzreichen Tälern zusammen, erwählten den Engelbrecht Engelbrechtson als ihren Vertreter und sandten ihn nach Kopenhagen, dem König ihre Beschwerden vorzutragen. Engelbrecht erbot sich, den Beweis der Wahrheit anzutreten, im andern Falle wollte er den Galgentod erleiden. Trotzdem der Reichsrat die Richtigkeit der Klage anerkannte, wies der König den Kläger ab. Da erhoben sich die Dalekarier und setzten die Wahl eines neuen Vogtes, des Hans von Eberstein, eines Pommern, dem das Land Naugard und Massow gehörte, durch. Doch der König verfügte bald darauf die Entsendung eines noch härteren Vogtes als Erichson. Da wurde der Aufstand allgemein. Man verlangte die Ausweisung aller Ausländer aus Schweden. Mit Ausnahme von Stockholm war bald das ganze Land in den Händen der Aufständischen. Der Reichsrat wurde gezwungen, an Erich einen Absagebrief zu schicken, der ihn des Schwedischen Thrones für verlustig erklärte. Den Ostseemächten wurden die Gründe des Abfalles bekannt gegeben: Bruch des Krönungseides, Verletzung der Reichsprivilegien, Vertreibung rechtmäßig gewählter Bischöfe, Nichtachtung des Kirchenbannes und der Konzilien, Bevorzugung der Ausländer, höchste Ungerechtigkeit und gänzliche Verarmung des Landes.

Erich sammelte eine ansehnliche Heeresmacht, um mit einer großen Flotte in Stockholm zu landen. Widrige Winde zerstreuten sie, und nur mit einer geringen Mannschaft langte er südlich vor der Stadt an, um gleich darauf von Engelbrechtson eingeschlossen zu werden. Der demokratische Zug des ganzen Aufstandes veranlaßte aber einen großen Teil des Adels und der Geistlichkeit zu Erich zu halten und günstige Bedingungen für ihn zu erwirken. Ein neuer Reichstag wurde ausgeschrieben, der alles regeln sollte. Als Erich nach Kopenhagen zurückkehrte, benutzte Engelbrecht die Gelegenheit und ließ sich zum Reichshauptmann von Schweden ernennen. Durch Vermittlung des deutschen Hochmeisters kam aber eine Einigung zustande. Erich mußte sich verpflichten, einen Marschall und Drost für Schweden zu ernennen und die schwedischen Schlösser nur Eingeborenen zu Lehen zu geben. Marschall wurde Karl Knutson, ein ehrgeiziger und energischer Mann, der selber nach der Krone trachtete. Aber Erich hielt den Vertrag nicht und bevorzugte nach wie vor die Dänen. Auf Vorstellungen des schwedischen Reichsrates antwortete er nur: "Ich will nicht euer Ja-Herr sein." Bei seiner Abreise nach Kopenhagen hatte er abermals das Mißgeschick, von einem heftigen Sturm überrascht zu werden, der ihn an die Küste Schwedens zurückwarf. Als die seinen in gewaltsamer Weise Lebensmittel herbeiholten, erscholl von Engelbrecht und seiner Partei die alte Klage über Gewalttätigkeit, eine neue Empörung erfolgte und Kopenhagen fiel in Engelbrechts Hände.

Erichs Sache war aber durchaus nicht aussichtslos; denn der Gegensatz zwischen Engelbrecht und Knutson wurde zu offener Feindschaft. Da wurde Engelbrecht 1436 meuchlings ermordet. Sein Andenken lebt aber unter den Schweden als eines Nationalhelden fort, sogar Wunder sollen sich an seinem Grabe ereignet haben. An seine Stelle trat Erich Puke. Jetzt wandten sich alle Parteien um Vermittlung an die Hansestädte, die auch noch einmal eine Einigung herbeiführten; ein allgemeiner Reichstag sollte alles ordnen. Wieder trifft Erich sein altes Mißgeschick. Als er von Gotland übersetzen will, überfällt ein heftiger Sturm seine Flotte. Sein Schiff scheiterte an einer kleinen Insel bei Gotland, mit Mühe rettete er das nackte Leben. Monatelang wußte man nicht, wo der König war. Ohne ihn wurden auf dem Reichstag Beschlüsse gefaßt, die seine Macht nach allen Seiten hin einschränkten, vor allem wurden die Bestimmungen über die Neuwahl eines Unionskönigs bis ins kleinste festgelegt. Dies geschah, weil Erich als seinen Nachfolger, seinen jungen Vetter Bogislaw IX. von Pommern ausersehen und zu sich genommen hatte, in Schweden aber eine heftige Antipathie gegen alles, was Pommer hieß, herrschte.

Inzwischen hatten die Unruhen auch auf Norwegen übergegriffen. Da die Beschwerden fast dieselben waren, will ich sie kurz zusammenfassen. In Norwegen war Erich nicht Wahlkönig, sondern Erbkönig, das Verhältnis war hier inniger, patriarchalischer; aber seine dauernde Abwesenheit hatte dem Könige viele Sympathien entzogen. Der verderbliche Einfluß des schleswigschen Krieges machte sich an dem ärmlichen Lande früher und schärfer geltend. Dazu kamen Einfälle der Russen und Heiden in die nördlichen Grenzmarken. Der Handel hatte sehr unter den hanseatischen Beutezügen gelitten. Zweimal wurde Bergen von den Hanseaten erobert und beim zweitenmal niedergebrannt. Aber in Norwegen lenkte Erich rechtzeitig ein und gab nach. Die Norweger vergalten ihm dies durch unerschütterliche Treue und hielten bis 1442 bei ihm aus, nachdem in Dänemark seine Thronentsetzung bereits vollzogen und Schweden ihn zum zweitenmal endgültig abgesetzt hatte.

Den Ausschlag zur Entthronung gab schließlich Dänemark, das er immer bevorzugt hatte. Hier hatte er seinen dauernden Aufenthalt, hier war der Mittelpunkt der Union. Der schleswigsche Krieg erfreute sich vieler Sympathien, und der König hatte viele Anhänger unter Adel und Geistlichkeit. Nur die Einführung der pommerschen Vettern und ihre augenscheinliche Begünstigung erweckte Widerstand, wie auch die geplante Nachfolge Bogislaw IX. Die Empörung in Schweden und Norwegen deckten aber auch die Mißstände in Dänemark auf. Ein Bauernaufstand brach aus. In Jütland wandte man sich um Hilfe an Adolf von Schleswig und huldigte ihm. So bestand Gefahr, daß die ganze Halbinsel Jütland für Dänemark verloren ging. Weil ein Ende der Wirren gar nicht abzusehen war, rief der Reichsrat der drei Königreiche Christoph von Bayern herbei, weil er wegen seiner Verwandtschaft mit den Königshäusern der 3 Reiche die geeignetste Persönlichkeit sei, an die Stelle Erichs zu treten. Christoph folgte dem Rufe ohne Zögern, unterstützt von den hanseatischen Städten, die endlich einmal geordnete Zustände auf der Ostsee haben wollten. Am 1.10.1439 sandte Schweden seine Absage an König Erich, Dänemark folgte bald darauf und 1442 Norwegen. Christoph vereinigte nun wieder die 3 Reiche in seiner Hand.

1439 war Erich nach Gotland gegangen und hat Schweden nicht wiedergesehen. Hier hauste er jetzt auf Wisborg, einem festen Schlosse, bei der alten Hansestadt Wisby. Ein neuer Abschnitt seines abenteuerlichen Lebens beginnt. Wir können diesen 4. Akt überschreiben: "Erich der Wikingerfürst". Scharenweise fanden sich seine vertriebenen Anhänger bei ihm ein, indes er sich bei allen Fürsten über die Dänen, "die Königsschänder und Katzenbeißer" beschwerte. Mit Ausnahme seines Heimatlandes Pommern war er jetzt aller Welt feind. Bald hatte er genügend Mannschaften beisammen, um Rache an seinen Feinden zu nehmen, und plündernd landen seine Schiffe an den schwedischen und dänischen Küsten und führen reiche Beute von dannen. Schätze auf Schätze häuft der König ohne Land auf seinem festen Schlosse an. Nach Kantzow läßt er eine goldene Gans als Wetterfahne auf den Schloßturm zur Verhöhnung der Hansa setzen. Da segelt 1446 König Christoph mit vielen Schätzen, die er in Schweden zusammengerafft, nach Gotland, um den Zwist auszutragen. Beide haben eine Unterredung, über deren Ergebnis wir nichts Bestimmtes wissen.

Als Christoph darauf zurücksegelt, läuft sein Schiff auf einer blinden Klippe auf, so daß er selbst nur mit Mühe gerettet wird, während Mannschaft, Kleinodien, Gold und Kleider in der Tiefe versinken. Einige Kisten mit vielen Kostbarkeiten werden an die gotländische Küste gespült, die der Wikingerfürst als Strandgut schadenfroh in Empfang nimmt. Um die übrigen Schätze aus dem Wrack zu heben, holt Christoph einen Mann aus Lübeck, der mit einem Rock von Leder "mit Hosen und Ärmeln" und einer Kappe mit Glasaugen angetan, in die Tiefe steigt, trotz aller Vorsicht aber ertrinkt. Das ist vielleicht die älteste Nachricht, die wir über Taucherkleider haben. (Barthold IV, S. 129.)

Zwei Jahre darauf starb Christoph und Knutson folgte ihm als König von Schweden, der die Sache energischer anfaßte, weil Erich mit seinen Ausliegern immer kühnere Plünderungsfahrten unternahm. Auf die Klagen antwortete der Sechsundsechzigiährige trotzig: "meine Auslieger haben nichts anderes, als was sie nehmen, ich gebe ihnen nichts. Wir sind ein armer vertriebener König, und unser Königreich ist klein. Wir müssen doch etwas haben, davon wir uns ernähren. Wer da kommt, der gebe, wer das nicht mag, der bleibe daheim." Da ist dem Knutson der Geduldsfaden gerissen, und er schickte eine starke Flotte nach Gotland, die Wisby einschloß, indes er selbst von Bornholm aus jede Versorgung Wisbys mit Lebensmitteln unterband. In der Stadt brach solche Not aus, daß der alte König selbst das verachtete Pferdefleisch essen mußte. Er mußte die Stadt aufgeben und sich auf sein Schloß zurückziehen, versprach ganz Gotland zu übergeben, wenn sie erlaubten, das Schloß mit Lebensmitteln bis 8 Tage nach Ostern zu versorgen. Das wurde versprochen, und dänische Schiffe brachten Lebensmittel, weil Erich im Geheimen auch Dänemark Gotland versprochen hatte.

Durch einen geheimen Gang verließ er dann mit seinen Getreuen unter Mitnahme aller seiner Schätze das Schloß und segelte auf Rügenwalder und Stolper Schiffen in sein Heimatland nach Rügenwalde, (Sagen des Kreises Schlawe Nr. 3.) Seine Geliebte, die Zofe Cäeilia der Königin Philippa, hatte er nicht vergessen.

Es folgt nun der letzte, versöhnende Abschnitt seines Lebens; wir wollen ihm die Überschrift "Erichs Lebensabend auf dem Rügenwalder Schlosse 1449 bis 1459" geben. Schwer hält es, König Erich zu charakterisieren. Zuviel widerstreitende Eigenschaften finden wir in ihm vereinigt. Um ihn zu verstehen, müssen wir immer uns in jene wildbewegte, abenteuerliche Zeit versetzen, deren Kind er war. Viele Eigenschaften kehren bei ihm wieder, die sein Urgroßvater Waldemar Atterdag zeigte. Auch er ragte, schlankgewachsen mit breiter Brust, über das gewöhnliche Maß weit hinaus. Sein Gesicht zeigte auf der Höhe seines Lebens seltene Schönheit. Dunkles Haar, ein voller Bart, kurz an den Seiten gehalten, umgab es. Von großer Stärke, war er persönlich tapfer, kriegerisch, doch ohne Feldherrntugenden. Selbstbewußtsein zeichnete ihn aus; wildverwegen und leidenschaftlich stürzt er sich aus einem Abenteuer sofort in ein anderes; überhaupt ist dieser Hang nach Abenteuern der hervorstechendste Zug seines Charakters. Eigensinnig hält er an einem einmal gefaßten Entschlusse krankhaft fest; aber eine große politische Aufgabe vermag er nicht zu lösen. Treulos und falsch zeigte er sich als ein Todfeind der deutschen Hanse. Beim Trunk, im Rachedurst zeigte er sich zügellos; dabei ist er nicht ohne wissenschaftliche Bildung. Größtes Leid bringt seine Regierung den 3 nordischen Reichen. Durch all diese oft miteinander in Widerspruch geratenden Eigenschaften zieht sich aber wie ein roter Faden seine Liebe zu seinem Heimatlande. Nie vergißt er, daß er ein Pommer ist. Pommern sind seine Vertrauten, seine höchsten Beamten, Seine getreuen Wikinger. Er läßt nicht von ihnen, wenn es ihm auch drei Königskronen kostet. Seinen ganzen Einfluß als Unionskönig macht er immer zu Gunsten seines Stammlandes geltend. Darum liebten ihn die Pommern und bewahrten ihn vor schmählicher Gefangenschaft, und das wollen wir nicht vergessen.

Haben wir uns bisher mit seiner Regierungstätigkeit als Unionskönig beschäftigt, so wollen wir jetzt seine Stellung als pommerscher Herzog ins Auge fassen. Erich war, wie eingangs auseinandergesetzt, auch zugleich Herzog in seinem Erb- und Stammland Pommern-Stolp. Er allein verstand es, die oft unter sich uneinigen Glieder des Greifengeschlechts zusammenzuführen und zu halten. Als er seinen jungen Vetter Bogislav IX. zu seinem Nachfolger ausersehen hatte, schlossen sich Stettin und Wolgast noch enger an den König und gingen mit ihm 1423 ein Bündnis zu gegenseitigem Beistande ein. Darauf reiste Erich nach Hinterpommern, um hier nach dem Rechten zu sehen, da Bogislav IX. noch unmündig war. Dann finden wir ihn am 15. September 1429 auf dem "Großen Tag von Nuwe Stettyn" (Neustettin). Dieser Tag vereinigte hier den König Erich, 5 Herzöge (Otto II. und Kasimir von Stettin, Wartislav IX. und Barnim VII. von Barth und Wolgast und Bogislav IX. von Stolp), 1 Hochmeister (Paul von Rußdorff), 1 Landmeister des Deutschen Ordens von Livland (Sifridt Lande), 1 Abt (Andreas v. Kolbatz), 1 Ordenstreßler, 1 Vogt von der Neumark und noch 6 angesehene Mitglieder des Adels. Den Anlaß zu dieser Zusammenkunft gaben die Übergriffe, die sich der polnische Starost von Draheim herausnahm. Polen gönnte dem Deutschen Orden die Neumark nicht, die dieser von König Sigismund gekauft hatte. Weil Dramburg keinen ausreichenden Schutz durch den Deutschen Orden hatte, griff es zur Selbsthilfe und zog gegen Draheim und besetzte es. Daraufhin eine große Beschwerde der Polen beim Hochmeister, und dieser mußte sich sogar zu einer Strafexpedition gegen seine treue und mutige Stadt Dramburg bequemen. Hier in Neustettin tafen sich die Nachbarländer zu einem Bunde gegen Polen zusammen. Dadurch erhielten sie gleichzeitig einen Rückhalt gegen Friedrich I. von Brandenburg.

Erich reiste von Neustettin nach Polen weiter und wohnte mit König Sigismund der Krönung der Königin Sophia bei. Herzog Bogislav IX. heiratete später eine polnische Prinzessin, und das veranlaßte die Hussiten 1432, die pommerellen bis Oliva verwüsteten, um Pommern-Stolp einen Bogen zu machen, weil sie die Polen und deren Freunde für ihre eigenen Freunde hielten. Aus Rücksicht auf König Erich hielten sich die pommerschen Städte, die auf Drängen der Hause auch dem Handelsverbote mit den nordischen Reichen beigetreten waren, von den kriegerischen hanseatischen Unternehmungen fern. Schon 1436, als Erich von dem dänischen Reichsrat eine Absage über die Wahl Bogislavs zu seinem Nachfolger erhalten hatte, war Erich nach Pommern gesegelt, aber darauf noch einmal nach Kopenhagen zurückgekehrt. Als er jetzt wieder demselben Widerstand begegnete, verließ er für immer mit den Pommern Dänemark und nahm nach kurzem Aufenthalt in Danzig und Marienburg seinen Wohnsitz auf Gotland.

67 Jahre war Erich, als er in seine Heimat zurückkehrte. In Rügenwalde hatte er einst seine Jugend verlebt, hier beschloß er seinen Lebenslauf. Nur spärlich fließen die Quellen über diesen letzten Abschnitt. Die Sage hat sich seiner Person bemächtigt und ihren geheimnisvollen Zauber um ihn gesponnen. Mancherlei Geschichten gehen über ihn noch jetzt unter der Strandbevölkerung. Eine geheime Kunde erzählt, daß er es auch noch nicht in Rügenwalde lassen konnte, als zweiter Harun al Raschid nächtlich in Verkleidungen aufregenden Abenteuern nachzugehen. Auch von einer weißhaarigen Frau mit noch schön erhaltenen Gesichtszügen weiß man zu erzählen. Gemeint ist jene schon vorhin erwähnte Cäeilia, die in dem liber beneflciorum des Klosters Marienkron sogar als Spenderin mit dem Titel "Königin" aufgeführt wird. Abenteuerlust ist der Leitstern seines Lebens bis zu seinem Tode geblieben.

Wir wissen soviel, daß er keineswegs gewillt war, von den Zinnen des Rügenwalder Schlosses tatenlos dem Lauf der Dinge zuzuschauen. Dem trotzigen und wilden Geschlechte, das damals hier hauste, gefiel er gerade so. Rügenwalde war damals auch in allerlei Händel und Fehden verwickelt, und Rügenwalder Fischer standen auch im Verdachte der Seeräuberei. Dazu kamen Streitigkeiten des Deutschen Ordens und Polens mit den hinterpommerschen Städten. Mit aller Energie nahm sich Erich der ganz vernachlässigten Verhältnisse in seinem Stammlande an, und seinen zahlreichen Verbindungen gelang es auch, geordnete Verhältnisse herbeizuführen. Beständig waren seine Gesandten unterwegs, gleichsam, als wolle er nachholen, was er früher versäumt. Aber auch aus Schweden und Dänemark empfing er häufig Gesandtschaften und blieb von hier aus in steter Berührung mit den Händeln seiner früheren Reiche, ja der Siebzigjährige entwarf sogar Pläne zur Rückeroberung seiner Reiche. So versuchte er schon 1450 die Hilfe des Deutschen Ordens gegen Schweden und Lübeck zu gewinnen. Nachhaltig wußte er seine Vorschläge durch seine großen Schätze zu unterstützen. Er führte hier also keineswegs ein Leben voller Entsagung.

So müssen wir uns denn hier auch seine Hofhaltung im Schlosse als eine prächtige und glänzende vorstellen. Er fühlte sich immer noch als König, und eines Königs würdig mußte seine Burg sein. Darum ließ er sie ausbauen und stark befestigen, sogar Donnerbüchsen ließ er auf den Wällen auffahren. Die vielen Sendschaften, alle seine Anhänger aus den nordischen Reichen, die sich an seinem Hofe einfanden, bewirkten ein lebhaftes Treiben im Schlosse, ein beständiges Kommen und Gehen. Reich belohnt hatte er die Rügenwalder für ihre Treue bei seiner Rückkehr, freigebig zeigte er sich auch gegen seine Anhänger und da, wo es galt, seine Pläne durchzusetzen. Weithin ragte der hohe Turm des Schlosses über die grünen Wiesenfluren an der Wipper und Grabow und kündete den Reichtum des Schloßherrn. Eine andere Sage schreibt ihm auch die Erbauung der Gertrudkirche auf ragender Höhe vor den Toren der Stadt zu (Sagensammlung Nr. 12).

Aber endlich machte sich bei ihm der Einfluß des Alters bemerkbar, der ihn mit dem Gleichmut eines Weisen auf sein vielbewegtes Leben zurück- und auf die Eitelkeit alles vergänglichen Hoheitsglanzes niedersehen ließ (Sagen-Sammlung Nr. 6). Immer mehr und mehr stellten sich bei dem alternden Könige die Beschwerden des Alters ein und ließen ihn an das Heil seiner Seele denken. Herrlich hatte er im Schlosse die Kapelle ausschmücken lassen. Kantzow berichtet darüber: "Darin hat er die Monstranz in die Kapelle auf das Schloß zu Rugenwalde gegeben und das Sacrament darin tun lassen und das Einhorn gesetzt zu einem Leuchter, welche beiden Kleinodien ich gesehen habe, desgleichen noch etzliche Credenze und Schüsseln, die wahrlich herrlich groß und kostbar sind." Dies sagenhafte Einhorn ist der gegen 3 Meter lange, schraubig gewundene Zahn aus dem Oberkiefer des Narwals, den man gepulvert als Allheilmittel gebrauchte und nach seinem Gewichte teurer als Gold bezahlte.

Besonders oft hielt sich der König in dem nahe der Stadt gelegenen Kloster Marienkron auf, ja er soll zuletzt keine der Horen versäumt haben. An diese Vorliebe des Königs für das Kloster knüpft sich die Sage von dem unterirdischen Gange von dem Schlosse nach dem Kloster Buckow. Daß unterirdische Gänge von dem Schlosse auch ins freie führten, ist gewiß, aber wohin sie geführt haben, läßt sich heute nicht mehr feststellen. Das Schloß hier birgt noch so manches Geheimnis, und mehrmals ist man im Laufe der letzten Jahre bei Ausschachtungen in der Nähe auf hochgewölbte unterirdische Gänge gestoßen.

Im Sommer 1459 ist dann der Siebenundsiebzigjährige hier im Schlosse gestorben. Eine goldene Taube gab man ihm in seinen, der Sage nach silbernen Sarg, mit und setzte ihn im Kloster Buckow bei. Aber wie im Leben, fand er auch im Tode keine Ruhe. Wahrscheinlich sind seine Gebeine 1654 mit denen der Fürstinnen Hedwig und Elisabeth zugleich in der Fürstengruft in der Marienkirche beigesetzt worden, nachdem man sie von Buckow aus übergeführt hatte. Die Fürstengruft war ursprünglich ein Gewölbe unter dem Hohen Chor. Der Eingang befand sich dort, wo heute der kleine Altar steht. Das Sehr feuchte Gewölbe brach 1724 ein. Der Sarg des Königs war ganz verfault, "so daß ihm ein neuer hölzerner Sarg vom Amte hat gemacht werden müssen, darin seine Beine, die lang und stark gewesen, gelegt sind." Man fand auch die goldene Taube noch, die an den königlichen Hof nach Berlin geschickt wurde. Das ist die letzte Nachricht von seinen märchenhaften Schätzen. 1749 stürzte das Gewölbe wieder ein und zertrümmerte den Sarg, So daß wieder ein neuer gemacht werden mußte, über den ein Tonnengewölbe errichtet wurde. Im Jahre 1811 war der Sarg wieder verfallen. Da taten sich mehrere Rügenwalder Bürger zusammen und ließen auf ihre Rechnung einen neuen anfertigen, der auch wieder von eindringendem Grundwasser angegriffen wurde. Da wurde 1888 auf Anregung Kaiser Friedrichs eine neue Fürstengruft geschaffen, über dem Fußboden hinter dem Hochaltar. Durch ein kunstvoll eisernes Gitter wurde sie von dem übrigen Chorraum abgeschlossen. Von den Gebeinen des Königs waren nur noch ein paar lange Knochen vorhanden, die in eine hölzerne Kiste gelegt wurden und in einem künstlerisch gearbeiteten Sarkophag aus französischem Kalkstein beigesetzt. Der Sarkophag ist in Marburg angefertigt. Der Sargdeckel zeigt oben die drei Wappen von Dänemark, Schweden und Norwegen, darunter die Pommersche Herzogskrone und das Pommersche Wappen. Die Umschrift lautete früher:

Ossa quondam serenissimi et potentissimi regis Daniae et Suediae et Norwegiae Erich IX. ducis Pomeraniae MCCCCL IX.

Heute heißt sie:

Ericus dei gratia regnor Daniae Norvegiae Sveciae Slavorum Gothorum que rex et dux Pomeraniae obiit Rugivaldi Anno Domini MCCCCL IX. Munificentia regis restitult A. D. 1888.

Über eine Öffnung und Besichtigung der Fürstengruft Anfang 1883 findet sich in der Geschichte der Familie Benolt zum Schlusse eine handschriftliche Eintragung von dem Geheimen Baurat W. Benolt. An der Besichtigung nahmen Teil der Oberpräsident Graf Behr-Negendank, Benolt und der Reg.-Baumeister Launer.

"Während der Besichtigung des Silberaltars hatten Maurer die Gruft unter dem Altarraum geöffnet, und mit Licht versehen stiegen wir auf einer Leiter in das dumpfe Grabgewölbe hinab. Hier standen in einer Reihe 3 Sarkophage. Der mittlere, der des Königs Erich, war zerstört und seines Inhalts größtenteils beraubt; die beiden andern, die der Pommerschen Herzoginnen Hedwig und Elisabeth waren ziemlich gut erhalten und bestanden aus Blei oder Zink und sind mit schönen Ornamenten reich verziert. - Von den Sarkophagen ließ der Oberpräsident Zeichnungen für den Kronprinzen von einem jungen, später nach Amerika ausgewanderten Architekten anfertigen; es war das eine schwere Arbeit in dem engen Grabgewölbe. Auf Veranlassung des Kronprinzen, der hierfür von dem Oberpräsidenten Interessiert worden war, wurden später die Sarkophage aus dem Gewölbe herausgenommen, restauriert und in der neuen Fürstengruft hinter dem Altar aufgestellt. Die Fürstengruft ist nach dem Entwurf von Thömer, damals Landbaumeister bei der Regierung in Köslin, ausgeführt."

Damit steht in Widerspruch Böttger "Die Bau- und Kunstdenkmäler des Kreis es Schlawe". S. 95 heißt es hier:

"Der hintere Raum des Chores ist nach dem Entwurfe des Verfassers durch einen Schmiedeeisernen Gitterabschluß von dem übrigen Chorraum getrennt."

Benoit gibt nachfolgende Daten:

1) Erich I. geb. 1382, gest. vor 16.6.1459, Gem. Philippa, Tochter Heinrichs IV., Königs von England, verm. 26.10.1406, gest. 5/6.1.1430. Auch hier findet sich ein Widerspruch. Kantzow berichtet S. 154: "Der selbig König Erich hat des Königs von Portugal Tochter Philippa zur Ehe genommen." Auf der großen Lubin‘schen Karte, Neuauflage 1926 ist der Stammbaum des Greifengeschlechts entworfen. Rechts befinden sich 2 Medaillon-Bildnisse und dabei die Unterschrift: "Ericus I. Rex Daniae, Sueciae, Norwegiae per Poloniam et Hungaria Hierosolymam profectus conjux Philippa Portugalica 1424 Rugivaldi" "Der Tag von Stralsund" bezeichnet S. 59 Philippa auch als englische Königstochter.

Rechts ruht in einem zinnernen Prunksarge die Herzogin Hedwig, links Elisabeth. Der Hochaltar stand früher an der Stelle des kleineren. Er wurde 1888 an seine heutige Stelle verlegt und in ihm eine Urkunde über die Erneuerung der Gruft in einer verlöteten Blechkapsel eingemauert. Die Einweihung der neuen Fürstengruft war am 2. November1888.