Schlußwort

Bau- und Kunstdenkmäler sind stumme, aber doch sehr beredte und unbestechliche zeugen der Vergangenheit für den aufmerksamen Beobachter, der ihre Geschichte kennt. Ganz besonders gilt dies für Rügenwalder; die ganze Geschichte der Stadt wird an und in ihnen lebendig, wir erheben im Geiste ihre wechselvollen Geschicke mit, wir fühlen uns in Zeiten der Not, des tiefsten Elends versetzt, aber auch In Tage des Ruhmes und des Glanzes, deren Gedächtnis in die Gegenwart hineinreicht und die alte Zeit mit jenem verklärenden Schimmer umwebt, der ihr einst das Beiwort der "guten" gab.

Das Sch1oß war einst der Ausgangspunkt für die Stadtgründung und ein äußerst wichtiger Faktor für ihr Aufblühen, ihre wirtschaftliche Entwicklung. Rathaus, Marienkirche und Schloß waren die wirtschaftlichen und geistigen Mittelpunkte des städtischen Leben, in Rügenwalde im Mittelalter. Insbesondere ist das alte Schloß ein übrig gebliebenes Stück Wirklichkeit aus einer längst entschwundenen Kulturzeit. "Wir sehen mit unseren leiblichen Augen ein Stück Wirklichkeit der längst entschwundenen Kultur und zwar so, wie es die längst zu Staub und Asche gewordenen menschlichen Träger und Gründer jener Kultur einst mit ihren leiblichen Augen geschaut oder mit ihren Händen geschaffen haben." (Geh. Baurat A. v. Behr.) Aber die Bedeutung des alten Schlosses reicht weit über die engen Stadtmauern hinaus. Als Mittelpunkt des Rügenwalder Amtes ist seine Geschichte auch aufs engste mit der Geschichte des Kreises Schlawe verknüpft und als ehemalige Residenz des alten Greifengeschlechts mit der unsers ganzen Heimatlandes Pommern. Dankbarkeit und Heimatgefühl verpflichten uns zu seinem pietätvollen Schutze.

Allein heute macht das Schloß nur noch den Eindruck des Verfalles, einer dem Untergange geweihten Ruine. Darum gilt es zu retten, was noch zu retten ist, damit die Nachwelt nicht gegen uns den Vorwurf erheben kann, wir hätten unsere Pflicht nicht erfüllt. Mit Freuden ist es daher zu begrüßen, daß nach langjährigen Verhandlungen endlich einmal Ernst mit dem Ausbau gemacht werden soll. Vorgesehen ist zunächst die Renovierung der beiden großen Säle über der Schloßkirche. Zur Unterbringung des Kreismuseums. Ein geeigneterer Raum für Aufstellung der Sammlungen ließe sich kaum denken; denn aus den vielen und mannigfaltigen Gegenständen sprechen auch unsre Väter zu uns und zeugen von ihrer Kultur. Weitere Räumlichkeiten werden folgen.

So möge denn der altersgraue Bau des Herzogsschlosses eine fröhliche Auferstehung feiern als ein Zeuge der deutschen Kultur in Ostpommern. Möge es ein Mittelpunkt des geistigen Lebens werden und in dieser seiner Bedeutung weithin wachsen über die Grenzen des Schlawer Kreises hinaus als Stätte der Forschung und Belehrung, ein neu erstandenes Wahrzeichen der Stadt, das Zeugnis davon ablegt, daß in einer Zeit tiefster Not und Erniedrigung das jetzige Geschlecht nicht verzagte und untätig die Hände in den Schoß legte, sondern frisch, freudig und zukunftvertrauend zugriff, um ein bleibendes und ehrendes Denkmal für die späteren Geschlechter zu schaffen.

"Was uns not ist, uns zum Hell
Ward‘s gegründet von den Vätern:
Aber das ist unser Teil,
Daß wir gründen für die Spätern."