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Kladde
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~ März 30, 2002
Im März wird alles besser? Hm. Vielleicht im April wenn die Birkenblüte vorbei ist. Laid back reading bei dem tränende Augen und Niesattacken halbwegs erträglich sind. Alle Hiaasens wiedergelesen und für überzeugend unterhaltsam befunden. Erstaunt wie gut mir selbst jene Krimis nun gefallen, die mir beim ersten Mal schwächer erschienen. Lucky You und Sick Puppy sind tatsächlich nicht weniger ergötzlich als ihre Vorgänger. Bewegte Lektüre: Virgina Woolfs The Common Reader. The Pastons and Chaucer führt ins fünfzehnte Jahrhundert zu Landbesitzern in Norfolk, die über Jahrzehnte fleissig Briefe schrieben, genug um drei Bände zu füllen. Weniger idyllisch als bei den Waltons (aber das waren auch Amerikaner und Farmer und Serienhelden) geht es da zu. Jahrelang bittet die Mutter zum Beispiel den ältesten Sohn und Erben endlich das Grab des Vaters mit einem Grabstein zu bedecken. Die Nachbarschaft tuschele schon. Der Sohn allerdings verplempert lieber Zeit und Geld. Unter anderem sieht man ihn am hellichten Tage lesen. Empörend! Und wen liest er? Chaucer. Das ist zu verstehen, denn schliesslich ist der ein fesselnder Erzähler, auch wenn die Canterbury Tales als Gedicht daherkommen. Die Gnade der frühen Geburt ersparte ihm zudem das viktorianische Zeitalter und so konnte er ganz frank und frei, ganz ungeniert die Dinge beim Namen nennen, die wir heute entweder verschämt verschweigen oder zotig und provozierend herausbrüllen. ~ März 28, 2002
L. is doing the rhododendrons... So endet Virginia Woolfs Tagebuch am 24. März 1941. Vier Tage später ertränkte sie sich im Ouse (in der Ouse?). Sie fürchtete einen erneuten Ausbruch von Geisteskrankheit. ~ März 26, 2002
Aus dem literarischen Leben: 26.3.1867 (...)all those rooms, too humble to be called libraries, yet full of books, where the pursuit of reading is carried on by private people. So beschreibt Virginia Woolf die Höhle des Common Reader und hat meine damit wunderbar erfasst. Nennen wir sie Bücherzimmer. ~ März 22, 2002
Aus dem literarischen Leben: 22.3.18.. ~ März 21, 2002
Aus dem literarischen Leben: 21.3.1946 ~ März 20, 2002
Love, etc Anfangs war ich einfach amüsiert und meine Sympathien klar verteilt (Julian Barnes Stuartinterpretation trug einiges dazu bei, ihn als die Art gehemmten, steifen, aber liebenswerten Engländer zu sehen, die John Cleese so hervorragend verkörpert und für die ich eine Schwäche habe). Später wurde ich mit zunehmender Rundung der Protagonisten nachdenklicher. Gen Ende wusste ich nun gar nicht mehr, wem ich noch glauben sollte. Wie in Rashomon gibt jeder seine Version der Ereignisse zum Besten, ohne jede gegenseitige Bestätigung. Ja, eher sägt noch jeder an der eigenen Glaubwürdigkeit, als der er sie verteidigt. Dadurch endet das Buch noch offener als der Vorläufer Talking It Over. Man kann bestimmt ganze Abende verdiskutieren, wie das denn nun mit Stuart und Gillian war. Ohne hinterher schlauer zu sein. Aber Hauptsache der Abend war schön und der Wein gut. ~ März 19, 2002
Aus dem literarischen Leben: 19.3.199. Nachts im Sonnenschein Das Theaterhaus in Köln-Ehrenfeld zeichnet sich durch schwarze Ausstattung (als Kontrast gibt es einen Bühnenvorhang in pink) und Fensterlosigkeit aus. Da verwundert es nicht, dass sich ein abendliches Gefühl über das Publikum der Lesung von Julian Barnes senkte, obwohl es erst 16 Uhr an einem sommerlichen Samstag (16.3.2002) war. Irgendjemand hatte sich auch etwas im Kartenkontingent verschätzt (oder wurde zu gierig) und so wurden noch die letzten Stühle aus den verstecktesten Ecken angeschleppt, was die zuletzt eingetrudelten Besucher nicht davor bewahrte, mit dem Boden vorlieb nehmen zu müssen. Was dem Vergnügen an der Veranstaltung keinerlei Abbruch tat. Julian Barnes ist der Typ eloquenter Schriftsteller, gut gewürzt mit britischem Humor, dem ich stundenlang andächtig zuhören könnte. Zusammen mit der deutschen Übersetzerin gab er zuvörderst eine recht ausführliche Lesung aus Love, etc (hier ist ein Autor, der so unterhaltsam und pointiert vorlesen kann, dass er mich fast zu Audiobooks bekehrt hätte) und zuhinterst stellte er sich den sehr unterschiedlichen Fragen des Publikums, die er alle vergnüglich parierte. Was bringt einen Zuhörer dazu, einen Schriftsteller zu fragen, ob er sich für seine Thriller schämt, weil er da ein Pseudonym benutze? Barnes bekannte, dass er als Autor keine Scham kenne. Die anschliessende Signierstunde bescherte meiner Begleiterin (die keine Signatur ausläßt, aber die Autoren immer am Anfang erwischt, wenn sie noch frisch und ausgeruht sind, ich kann ihr keine Vorwürfe machen, kann aber ebensowenig über meinen eigenen Mitleidssschatten springen) ein präzises und kleines Julian Barnes unter dem Autorennamen in den Titel gequetscht. Die unaufdringlichste Signatur, die ich je sah. Übrigens ist es das Privileg des Autors, sich auf dem Titelblatt breit zu machen. Wer ein Buch mit Widmung verschenkt, der begnüge sich bitte mit dem Vorsatzblatt. Alles andere ist Anmaßung, wie ich bei Anne Fadimann lernte, deren Ex Libris auch ein hübsches Stück zu Words on a Flyleaf enthält. Zwei kleine Anekdoten: Yeats besuchte einst Thomas Hardy und fragte ihn, wie er es denn mit den Büchern halte, die ihm Leser zum Signieren schickten. Hardy führte ihn zu einem großen Raum im Obergeschoß, der von oben bis unten mit Bücherstapeln gefüllt war. Shaw fand in einem Antiquariat eines seiner eigenen Bücher, das er folgendermaßen dediziert hatte: To xxx with esteem, George Bernard Shaw. Er kaufte den Band und sandte ihn an xxx mit dem Zusatz: With renewed esteem, George Bernard Shaw. Hätte Julian Barnes mehr Zeit und weniger zu signieren gehabt, hätte er es Galsworthy gleichtun können. "Inscribed for C. F. Sacks cordially by John Galsworthy". ~ März 18, 2002
Krimiautoren sollten nur in Polizeipräsidien lesen, oder besser noch in gerichtsmedizinischen Instituten oder direkt an einem Tatort. Leider ist dem neuen Präsidium in Köln so gar nichts polizeiliches anzumerken - hier herrscht moderne behördliche Anonymität und stünde es nicht auf der Eintrittskarte, man wähnte sich in einer Schulaula oder irgendeinem Mehrzwecksaal. Im Rahmen der Litcologne gab Kathy Reichs vergangenen Mittwoch einen Überblick über ihr bisheriges Schaffen. Als Professorin in Vorträgen gewiss nicht ungeübt, überzeugte sie mit fundiertem Wissen und Humor. Ohne letzteren ist ihre Tätigkeit als forensische Anthropologin (oder umgekehrt oder irgendwie noch ganz anders) wohl kaum zu ertragen. An ihren Romanen schätze ich am meisten die Informationen über diverse Ermittlungstechniken (der Gruselfaktor spielt bei der Faszination sicher eine Rolle: Wie bereitet man Knochen auf oder was lernt man von Maden oder dem Muster von Blutspritzern) und darin ist sie so bewandert und sicher, dass sie ihren Figuren Freilauf lassen kann. Tempe Brennan ist keine Überfrau wie Kay Scarpetta, fachlich versiert sicher, aber sie hat eben nicht alles im Griff (ihr Leben schon gar nicht) und ist mit genügend menschlichen Schwächen begabt, dass die Sympathien auf ihrer Seite sind. Kathy Reichs ruhte in sich selbst und hatte es bei ihrem Erfolg nicht nötig, sich als Literatin zu gebärden. Eher kokettierte sie mit ihrer Unprofessionalität in diesem Bereich. Wobei sie gegenüber den meisten Schriftstellern den Vorteil hat, durch ihre Arbeit soviele Ungeheuerlichkeiten zu erleben, dass sie ganze Abende mit grausigen Erzählungen füllen könnte. Massengräber in Rwanda und Guatemala, Flugzeugabstürze oder kürzlich erst Hilfe in New York am Ground Zero. Der Abend folgte dem üblichen Ablauf: Vorstellung, Vortrag der Autorin, Lesung (leider auf deutsch und wenn Nina Hoger auch vorlesen kann, ihre Aussprache von Tempe zeigte, dass sie der Reichs nicht zugehört hatte - auch ein guter Grund speziell fremdsprachige Lesungen zu besuchen, da lernt man einiges zur Aussprache zweifelhafter Worte, unter anderem deshalb hoffe ich, dass Carl Hiaasen mal hierher kommt) und das alte Frage-und-Antwort-Spiel. Anschliessend Signierstunde (bei mehreren hundert Besuchern hatte ich nicht das Herz mich anzustellen, die Autoren und ihre Handgelenke bedaure ich einfach zu sehr) und beschwingte Heimkehr im befriedigten Gefühl, einen schönen Abend verbracht zu haben. ~ März 17, 2002
Für eine fiebrige Erkältung empfehle ich: Lord of the Rings, jede Menge Carl Hiassen und Kochschulen, also Kochbücher, die alles grundlegende erklären. ~ März 12, 2002
Aus dem literarischen Leben: 12.3.1973 ~ März 11, 2002
Aus dem literarischen Leben: 10.3.199. ~ März 9, 2002
Aus dem literarischen Leben: 9.3.19.. ~ März 6, 2002
Aus dem literarischen Leben: 6.3.1948 Memento Mori. In der City of the Silent wandelt der Besucher zwischen Grabsteinen, deren Epitaphe mitunter seltsam berühren, im Kopf den Nachhall mehr oder weniger gelungener letzter Worte. Der gut vorbereitete Besucher führt natürlich die entsprechende Lektüre mit sich. ~ März 5, 2002
Im Badezimmer liegt das Silmarillion, keine üble Klolektüre. Woher kommt nur der Ruf des Unlesbaren? Wer in der Jugend den Schwab oder die Nibelungen verschlang, der genießt auch dieses. Und diese Namen sind wirklich eingängig, entdecke hier die Quelle für Gedächtnisfetzen, die ich gar nicht mehr zuordnen und schon meiner eigenen Wortfindungskraft zuschreiben wollte. ~ März 1, 2002
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