Kladde
~ April 30, 2002
 
Aus dem literarischen Leben:

30.4.19..
Der Duke de Richleau und Rex van Ryn verhindern, dass Tanith und Simon beim großen Hexensabbath die Teufelstaufe erhalten.
(Dennis Wheatley - The Devil Rides Out 1934)
(via Barbara Kratzin)

~ April 23, 2002
 
Aus dem literarischen Leben:

23.4.19..
Jessicas Bartrams Geburtstag.
(Neil Gaiman - Neverwhere 1997)
(via salon.com)

Kindisch, aber mich ärgert es, wenn ich bei salon.com literarische Daten aus Büchern finde, die ich gerne las. Die hätte ich lieber selber entdeckt. Dazu gehört obiges. Immerhin habe ich eben das halbe Neverwhere durchblättert, um die Richtigkeit der Angabe zu prüfen. Und so kann ich diesen Eintrag wenigstens im Bewußtsein schreiben, es mit eigene Augen gesehen zu haben. Ich sag ja. Kindisch.

~ April 22, 2002
 
Was noch zu erwähnen wäre:
Letzten Dienstag bei einer Else Buschheuer Lesung. Kannte ihre Romane bis dato nicht, hatte nur ab und an in ihr Weblog gelugt. Ebendieses Weblog wurde nun in Buchform veröffentlicht (wie es wohl von Anfang an geplant war) und daraus las die Dame denn an jenem Abend. Mitunter gab es nette Anekdötchen, aber im Ganzen funktionierte die Umsetzung von Weblog in Literatur nicht. Es war wohl eine Fehlentscheidung den Text zu Gunsten der Authenzität unredigiert zu veröffentlichen. Authenzität beim Weblog scheint an die zeitnahe Lektüre gekoppelt zu sein. Da nutzt es auch nicht, dass der Zeitraum den 9.11. umfasste.
Wie man solche Umbruchdaten erfassen kann, zeigt etwa Rühmkorf in Tabu 1 oder Nooteboom in den Berliner Notizen. Dort wird die Wiedervereinigung geschildert, kein Terroranschlag, aber ich glaube, die Herren würden auch dazu haltbareres und eingehendes formulieren als Frau Buschheuer.
~ April 17, 2002
 
Ich bin hingerissen, ja geradezu fortgeschwemmt. Dass so ein schmaler Band so ein breites Vergnügen auslösen kann!
Eine New Yorkerin ordert Bücher bei einem Londoner Antiquariat, Marks and Co in 84 Charing Cross Road. Kein Stoff, in den man große Erwartungen setzte. Aber diese New Yorkerin ist Helene Hanff, die einen solchen Verve, einen solchen Enthusiasmus für ihre Lektüre hinlegt, verbunden mit der Besorgnis um Menschen, die sie nie kennengelernt hat, dass man aus dem Entzücken gar nicht mehr herausfindet.
Dem Briefwechsel folgt der Bericht ihres Londonaufenthalts Anfang der Siebziger und der ist so durchtränkt von ihrer Begeisterung, dass ich am liebsten die Koffer packen und den nächsten Flug buchen möchte.
~ April 16, 2002
 
Aus dem literarischen Leben:

16.4.194.
Dr. Rieux stolpert über eine tote Ratte.
(Albert Camus - Die Pest 1947)

~ April 11, 2002
 
Aus dem literarischen Leben:

11.4.1801
Andrew Gregory Thomas Marbot wird getauft.
(Wolfgang Hildesheimer - Marbot 1981)

~ April 10, 2002
 
Ein Martialischer Spruch, gerahmt über die Betten der unprofessionellen Vorleser zu hängen:
The verse is mine; but friend, when you declaim it,
It seems like yours, so grievously you maim it.
 
Noch ins Zielband verwickelt sehen wir Arno Schmidt verwundert Leck Türen! beäugeln: Die dort versammelte Lesegemeinde hat Brand's Haide zur Erstlektüre erwählt. Wann wurde britisches Klopapier je besser genutzt?
~ April 8, 2002
 
Wer nicht immer nur von anderer Leute Lektüren lesen will, aber kein eigenes Weblog ins Leben rufen möchte, für den gibt es neue Möglichkeiten.
Einmal Leck Türen!, ein virtueller Lesekreis, der gerade über das erste gemeinsame Buch abstimmt (Arno Schmidt biegt in die Zielgerade) oder Markus Kolbecks Lesefieber für alle Leser, die ihre Gedanken über Bücher nicht mehr für sich behalten wollen.
Möge beiden Projekten großer Erfolg beschieden sein.
~ April 4, 2002
 
Aus dem literarischen Leben:

4.4.1984
Winston Smith beginnt sein geheimes Tagebuch.
(george Orwell - 1984 1949)
(via Barbara Kratzin)

 
Literaturverfimung, nützlich
Es ging mir ein wenig zu schnell zu in The Shipping News, nicht das das Buch behäbig daher käme, aber es läßt sich mehr Zeit und birgt einige Details, der sich eine Verfilmung natürlich entledigt. Sind für die Story auch nicht wichtig, aber für das Lesevergnügen.
Sehr dankbar bin ich für die Bilder, die mir der Film gab. Selten stimmten meine eigenen Vorstellungen bei der Lektüre so sehr mit einer Filmausstattung überein. Das Haus der Quoyles, das war genau dieses Haus, paßgenau und stimmig. Auch die Akteure gliederten sich mühelos in meine Vorstellung ein und das ist wahrlich rar.
Und ein kleiner Bonus am Rande: Die haben ja einen entzückenden Akzent auf Neufundland, eine Wonne für die Ohren.
~ April 3, 2002
 
Literaturverfilmung a l'americaine
Muß doch The Time Machine wiederlesen, um zu schauen, ob der Film außer dem Titel irgendetwas aus dem Buch übernommen hat. Dreist schon die Verlegung des Schauplatzes nach New York.
Ein wenig mehr Logik im Finale hätte auch nicht geschadet.
Ansonsten ist es ein professionelles buntes Hollywoodbonbon mit einem prächtigen virtuellen Bibliothekar, der für die Seitenhiebe zuständig ist.
~ April 2, 2002
 
(...) and it is to the Greeks that we turn when we are sick of the vagueness, of the confusion, of the Christianity and its consolations, of our own age.
In On Not Knowing Greek preist Virginia Woolf die Antike: Homer, die großen Philosophen und die großen Dramatiker. Unterlegt mit Überlegungen, ob wir diese Werke heute und in Übersetzung überhaupt richtig goutieren können.
Die Dramen zum Beispiel waren nie für die Lektüre im stillen Kämmerlein geschrieben worden, sondern für öffentliche Aufführungen. Die griechische war eine orale Gesellschaft, die sich hauptsächlich im Freien aufhielt. So bemerkt Woolf, dass in den Tragödien die Könige und Helden vor den Häusern ratschen wie die Dorffrauen.
Da die Zuhörer keine Gelegenheit hatten, Sätze zwecks Vertiefung des Verständnisses hinterher nachzulesen, mussten die Autoren sehr klar und unmittelbar schreiben: Every sentence had to explode on striking the ear (...) Da gab es keinen Platz für schöne Wortdrechselei.
(NB: Die Ausgaben der Dramen heute sind auch anderweitig irreführend. Die Stücke wurden nie mit Regieanweisungen geschrieben, ebensowenig erscheint der Name der jeweils sprechenden Person. Diese Zusätze waren alle textimmanent. Und wenn man darauf bei der Lektüre achtet, merkt man, wie sich die Handelnden selbst einführen, an den nächsten Sprecher weiterleiten und Informationen zur Umgebung geben.)

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