Ein Nachdenklicher in der Mediengesellschaft

Marc Mausch denkt nach und differenziert

Patrick Bernau

Er ist jung, aber nicht der jüngste. Er ist IT-Profi, aber hausiert nicht damit. Und doch unterscheidet sich Marc Mausch von seinen jungen Kollegen in der Politik: Der 29-Jährige denkt nach und differenziert. Bei der baden-württembergischen Landtagswahl tritt er in Stuttgart für die Grünen an.

Marc Mausch redet lange und viel. Zum Beispiel, als er gefragt wird, ob er sich für Jugendthemen einsetzt. "Ich hab mir immer gemerkt, was ich zu welchem Zeitpunkt gedacht habe, und was ich mit 16 von einem 29-Jährigen gehalten habe. Vielleicht ist das meine Stärke", antwortet er dann. Spricht über Jugendpolitik im Allgemeinen, seine Arbeitsgruppe zur Informationsfreiheit im Besonderen, seine Ideale und ihr Zustandekommen. Um sich irgendwann selbst jäh zu unterbrechen: "... aber ich monologisiere."

Das ist dem Gesprächspartner in diesem Moment noch gar nicht aufgefallen. Mausch holt nicht zu langen Monologen aus. Er hangelt sich vielmehr von Gedanken zu Gedanken, begründet grundsätzlich oder bringt einen neuen Aspekt in seine Antwort ein - und überrascht seinen Gesprächspartner immer wieder mit tiefschürfenden Aussagen.

Solche hätte man ihm angesichts seiner Vita gar nicht zugetraut. Einem Diplom-Physiker, der in einem Think Tank der Banking-Softwareschmiede Brokat arbeitet, nicht mal 30 Jahre alt ist und mit rotbrauner Wuschelfrisur noch jünger wirkt. Von so einem erwartet die Öffentlichkeit selbstbewusste Bekenntnisse zur New Economy, kernige neoliberale Wirtschaftsthesen, höchstens noch etwas Umweltbewusstsein. Aber nicht, dass er mit übereinandergeschlagenen Beinen in sich gekauert dasitzt, sein Kinn auf den gefalteten Händen aufstützt und das Primat der Politik beschwört.

Weil seiner Ansicht nach stattdessen aber eine "reine Handelspolitik droht", möchte Mausch als Gegenmaßnahme "die Demokratie zur Bürgergesellschaft weiterentwickeln." Und dabei kommen die neuen Medien ins Spiel, hier zeigt er sich innovativ. Ginge es nach ihm, würde am 25. März eine Kölner Wahlmaschine auf der CeBIT in Hannover aufgestellt, um auch den Baden-Württembergern auf der Messe das Wählen zu ermöglichen. Im November 2000 hat er den ersten virtuellen Landesparteitag der Grünen organisiert.

Dabei war es ihm gar nicht unrecht, dass jedes Mitglied einfach seine Beiträge veröffentlichen konnte, ohne auf die Grünen-typische Frauenquote zu achten: "Vielleicht ist das ein besonders genialer Weg zur vollständigen, krückenlosen Gleichberechtigung." Fünf Mark pro Liter Benzin bezeichnet er als einen "menschenfremden Beschluss". So will er von seiner Partei unabhängig bleiben: "Ich werde nichts sagen, was ich nicht denke, um mein Mandat zu halten. Wenn ich in der Politik zu wenig umsetzen kann, gehe ich eben wieder zurück in den Beruf."

Ebensowenig wie seiner Partei biedert sich Mausch den Wählern an. "Wenn ich Jugendliche sowieso anspreche, freue ich mich sehr - wenn nicht, dann spreche ich sie eben nicht an", meint er und begründet diese Haltung mit seinem Lieblingszitat des tschechischen Präsidenten Vaclav Havel: "Hoffnung ist auch nicht dasselbe wie Optimismus. Sie ist nicht die Überzeugung, dass etwas klappen wird, sondern die Gewissheit, dass etwas seinen guten Sinn hat - egal, wie es am Ende ausgehen wird."

Ob er diese Haltung den Wählern in einer Mediengesellschaft verdeutlichen kann - dazu bleibt er skeptisch. "Eine Freundin hat mal gesagt, ich überzeuge erst auf den zweiten Blick. Angesichts von 20-Sekunden-Statements im Fernsehen", weiß er, "bin ich nicht gerade ein Traumkandidat."


   
20.03.2001


Marc Mauschs Lieblingszitat stammt von
Vaclav Havel: "Hoffnung ist auch nicht
dasselbe wie Optimismus. Sie ist nicht
die Überzeugung, dass etwas klappen wird,
sondern die Gewissheit, dass etwas seinen
guten Sinn hat - egal, wie es
am Ende ausgehen wird."



www.marcmausch.de