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Das Instinktverhalten bei Mensch und Tier
Immer wieder werden von Wissenschaftlern Verhaltensweisen, wie die Sexualität, auf genetische Bedingtheit beziehungsweise erworbene Verhaltensmuster untersucht.
Mit der Beantwortung dieser Fragestellung beschäftigt sich die Humanethologie, welche sich verschiedener modernsten Methoden bedient. Eine ist der Vergleich von tierischem und menschlichen Verhalten unter Verwendung von Erkenntnissen der Evolution. Für Psychologen aus der Denkrichtung des Behaviorismus herrschte lange Zeit die Meinung vor, der Mensch käme als "unbeschriebenes Blatt" zur Welt und entwickle sein Verhalten nur durch Lernprozesse und Studien der Umwelt. Dies würde bedeuten, der Säugling sei den formenden Einflüssen der Umwelt und auch der Erziehung unterworfen.
Heute geht man auch in der Psychologie davon aus, daß der Einfluß des Lernens, nicht die alleinige Rolle spielt. Menschliches Verhalten, selbst in komplexen Bereichen, enthält eine genetisch bedingte Komponente.
Zwar lassen sich Untersuchungsmethoden, wie die uns inzwischen vertrauten Kaspar-Hauser-Experimente, aus ethischen Gründen nicht beim Menschen durchführen, jedoch können taubblind geborene Kinder (Teil-Kaspar-Hauser) auf ihr Ausdrucksverhalten hin erforscht werden. Diese Kinder können nämlich nur schwer Informationen, beispielsweise in Hinblick auf die Mimik, der Umwelt entnehmen. Unter diesem Erfahrungsentzug zeigt sich, daß die teil-kaspar-hauser-geschädigten Kinder das gleiche Minenspiel wie sehende und hörende Kinder aufweisen. Verhaltenswissenschaftler des Taubblindenzentrums können komplizierteste Gesichtsbewegungen dieser Kinder bestätigen. Auch bei Neugeborenen geht man davon aus, daß Umwelteinflüsse bisher noch nicht greifen konnten. Trotzdem werden hier Trinkbewegungen an der Brust oder Laufbewegugen unmittelbar nach der Geburt von Ärzten nachgewiesen.
Diese Verhaltenselemente sind also sofort beobachtbar und laufen auf immer gleiche Art und Weise ab. Eine Anzahl von Verhaltensmuster laufen sogar bei allen Tieren und auch dem Menschen gleich ab. So zum Beispiel das Atmen, Husten, das Augenschließen bei Herannahen eines Gegenstandes und das Entleeren der Harnblase.
Alle diese Verhaltensweisen erfolgen auf einen Reiz hin, ohne daß eine bewußte Steuerung vorliegt. Man spricht in diesem Zusammenhang von instinktiv ausgeübten Reflexen welche im allgemeinen der Lebenserhaltung oder der Abwehr von Gefahren dienen.
Die Anwendung von angeborenen Fähigkeiten ist dadurch organisiert, daß übergeordnete Zentren untergeordnete erregen oder auch hemmen können. Bei "gleichberechtigten" Verhaltensweisen hemmt oftmals die Ausführung der einen die übrigen. Vielfach ist eine gewisse Stimmung (Bereitschaft) Voraussetzung für den Ablauf des Instinktverhaltens. Dieses hat ein Appetenzverhalten zur Folge, in dessen Verlauf es zur triebbefriedigenden Endhandlung kommen kann. Für das in Gangsetzen einer Instinkthandlung (z.B. Schlagen einer Beute) ist ein Auslösemechanismus verantwortlich, der auf speziefische Schlüsselreize anspricht und diese mit der zuvor angesprochenen erbkoordinierten Endhandlung beziehungsweise Reaktion beantwortet.
Ein treffendes Beispiel in Bezug auf spezif. Schlüsselreiz <> Auslösemech. unter dem Gesichtspunkt "angeborenes Verhalten" sind die Jungtiere der Amsel. Hier läßt sich nämlich das instinktive Verhalten besonders gut beim Füttern studieren. Obwohl die Jungen noch blind sind, somit noch keinerlei Verhaltensmuster übernommen haben können, sperren sie jedesmal ihre Schnäbel auf, wenn ein Altvogel auf dem Nest landet. Hierbei handelt es sich bei der Erschütterung des Nestes, welche durch die Landung des Altvogels erfolgt, um den spezif. Schlüsselreiz und bei dem Schnabelsperren um die erbkoordinierte Handlung.
Später, wenn die Jungvögel sehen können, wird diese schon beim Erblicken eines dunklen Schattens über dem Nestrand ausgeführt.
Inzwischen hat man herausgefunden, daß viele instinktive Verhaltensweisen bedeutend komplexer als angenommen sind. So kann zum Beispiel der Schlüsselreiz eine Kombination mehrerer Einzelreize sein. Auch das Wissen über die Wirkung der Auslösemechanismen ist nur teilweise bekannt.
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