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Erkki-Sven Tüür (1959)

Der am 16. Oktober 1959 in Kärdla auf der estnischen Insel Hiiumaa gebürtige Erkki-Sven Tüür gehört zu den bemerkenswertesten Komponisten seiner Generation. Seine musikalische Ausbildung erfolgte zunächst autodidaktisch, dann an der Musikschule Tallinn (1976-80); später studierte er Komposition bei Jaan Rääts an der Musikakademie Tallinn sowie privat bei Lepo Sumera (1980-84).

1979 gründete Tüür ein kammermusikalisches Rockensemble "In Spe", das bald zu den beliebtesten Rockgruppen in Estland zählte. Für dieses Ensemble engagierte sich Tüür als Komponist, Flötist, Keyboarder und Sänger.

Mit den Anfängen der "Perestroika" wurde die Musik Tüürs zum erstenmal auch außerhalb von Estland aufgeführt. Sein erster durchschlagender Erfolg in Finnland (mit "Insula deserta" von 1989) führte zu einer Reihe von Auftragswerken, darunter "Searching for Roots: Hommage à Sibelius" (1990) für das Philharmonische Orchester Helsinki und "Architectonics VI" (1991) im Auftrag des Helsinki-Festivals. Später erhielt er weitere Kompositionsaufträge für das American Waterways Wind Symphony Orchestra, das Stockholmer Saxophon-Quartett, das Hilliard-Ensemble, das Symphonische Staatsorchester Estlands, das City of Birmingham Symphony Orchestra, das RSO Frankfurt, die Staatsphilharmonie Rheinland Pfalz, das BBC National Orchestra of Wales, die Oper Dortmund, für Peter Sadlo, für David Geringas, das Cabaza Schlagzeug-Quartett, Piano-Circus sowie andere Gruppen und Solisten aus Europa und Nordamerika. Weiterhin geplant sind unter anderem ein Schlagzeug-Konzert für Evelyn Glennie und ein Stück für das Grieg Trio.

Die Musik Tüürs erklingt immer häufiger nicht nur in ganz Europa, sondern auch in Nordamerika, Australien und Japan. Zu seinem bisherigen Schaffen gehören neben Orchester-, Konzert- und Kammermusik auch Oratorien, Film- und Bühnenmusiken. Aufgeführt wurden seine Werke u.a. bei Festivals wie Bang on a Can (New York), Border Crossings (Toronto), Musica (Strasbourg), Emerging Light (London), dem Festival für Neue Musik Stockholm, dem Vale of Glamorgan Festival, dem Kammermusikfestival Lockenhaus, Wien Modern, Musica Nova Helsinki, dem Huddersfield Contemporary Music Festival sowie bei den Berliner, Salzburger, Luzerner und Gstaader Festivals.

"Die Musik Erkki-Sven Tüürs klingt wie ein Streifzug durch die Musikgeschichte, bei dem der Komponist theoretische Anregungen und praktische Erfahrungen auf der ganzen Strecke ansammelt und assimiliert. Danach scheint sie sich in einen Kokon einzuwickeln und damit der Außenwelt zu verschließen, um dadurch eigene Konturen zu gewinnen."

(Wolfgang Sandner)

Zu den zahlreichen Auszeichungen Tüürs gehört auch der Kulturpreis der Republik Estland (1991, 1996). Tüür lebt in Tallinn als freischaffender Komponist.

"Bei meinem kompositorischen Schaffen handelt es sich ausschließlich um das Verhältnis zwischen geistiger und emotionaler Energie sowie um die Möglichkeiten, diese zu lenken, zu konzentrieren, zu liquidieren und wieder ansammeln zu lassen. Meine Stücke stellen abstrakte, klingende Dramen dar mit vielen agierenden Personen und extrem dynamischen Handlungssträngen; sie entfalten sich innerhalb eines Raumes, der sich unablässig verschiebt, ausdehnt und zusammenzieht, aber nicht etwa wie ein feingliedriges Mosaik, sondern eher wie eine säulenhafte Skulptur. Ich hege ein starkes Interesse für die Verbindung von Gegensätzen - Tonalität/Atonalität, regelmäßig wiederkehrende Rhythmen/unregelmäßige komplexe Rhythmen, Besonnenheit/explosive Theatralik - und vor allem für die Art und Weise, wie sich diese Gegensätze allmählich durchdringen und gegenseitig ablösen. Dennoch: Jede Diskussion über die Expressivität der Musik steht auf schwankendem und unsicherem Boden, denn die Menschen verstehen den Sinn der Musik auf sehr unterschiedliche Weise."

Erkki-Sven Tüür

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