Folgende
Empfehlungen erleichtern gute Gespräche:
1.
Sprechen ist besser als Schweigen, das Phantasien freien Lauf
lässt, oft einem Entzug von Zuwendung gleicht und Missverständnisse
fördert. Sprache ist uneindeutig (Siehe die „Teelöffelchenspiele“
der Kinder: Schloss, Kerze usw. Die Lautfolge „Die Krankenschwestern“
ist identisch mit „die kranken Schwestern“). Der
gleiche Begriff kann von zwei Menschen unterschiedlich verstanden
und bewertet werden. Er kann völlig unterschiedliche Assoziationen
und gedankliche Vorstellungen auslösen (z.B. Hund als Spielgefährte
oder als Gefahr). Sprechen verbindet eher, als dass es trennt.
Zeigen Sie sich, wie Sie sind. Propagieren Sie, statt zu verheimlichen
(z.B. „Während ich das sage, bin ich ganz aufgeregt.“).
Sie sparen viel Energie, weil Sie sich künftig nicht mehr
tarnen müssen. Erwarten Sie nicht vom anderen, dass er
Ihre Gedanken liest („Wenn Du mich wirklich kennen würdest,
hättest Du bemerkt...“).
2.
Entwickeln Sie eine „Kultur des Streitens“, bei
der man auch Gefühle zeigen darf. Interpretieren Sie Konflikte
als Chance, von anderen Rückmeldungen und Anstöße
zu erhalten, sich gegenseitig zu befruchten und zu inspirieren.
Das Negative an Konflikten ist selten der Konflikt selbst, sondern
eher die Art der Austragung (Siegen oder Verlieren, „Schuldige“
entlarven).
3.
Beschreiben Sie, statt zu bewerten oder zu etikettieren. Verzichten
Sie unbedingt darauf, andere abzuwerten, zu bezichtigen (anzuklagen,
anzugreifen, Fehler nachzuweisen) oder ihr Verhalten zu interpretieren
(entmündigendes Gedankenlesen: „Ich weiß, was
mit Dir los ist“ „Das sagst Du nur, weil...“).
Hinterfragen Sie Unterstellungen anderer (Beispiel: „Wenn
Du wüsstest, wie sehr mir das weh tut...“ Frage:
„Woran erkennst Du, dass ich das nicht weiß?“).
Behandeln Sie die Ihnen Nahestehenden mit mindestens genau so
viel Respekt wie einen Unbekannten.
4.
Sprechen Sie möglichst von sich selbst. Senden Sie „Ich-Botschaften“.
Vorsicht: Der Satz „Ich finde, dass Du mich bloß
stellst“ ist und bleibt ein Angriff. Beschreiben Sie,
was das Verhalten anderer bei Ihnen auslöst („Es
tut mir weh, wenn Du...“). Sprechen Sie über Gefühle
und nicht über Bewertungen. Sofern Sie unbedingt den anderen
beschreiben wollen, beschränken Sie sich darauf dessen
Verhalten und nicht seine ganze Persönlichkeit zu beschreiben
(Beispiel: „Du tust gerade...“ statt „Du bist
rücksichtslos, unfähig, unmusikalisch...“).
Damit dringen Sie nicht in den anderen ein (sog. Kolonialisieren)
und lassen ihm Raum zu weiterer Entwicklung. Sie stülpen
ihm keine Eigenschaften über, die meist nach etwas Unveränderlichem
klingen. Stärken Sie lieber den anderen, statt ihn zu überwältigen.
Machen Sie ehrliche (!) Komplimente. Auch die „Wir-Sprache“
ist übergriffig und unehrlich (Arzt zur Patientin: „Wir
legen uns jetzt ins Bett.“).
5.
Offenbaren Sie die Interessen, die Sie verfolgen, und besprechen
Sie, inwieweit diese mit den Interessen des Partners vereinbar
sind.
6.
Verzichten Sie auf Verallgemeinerungen, die meistens sowieso
nicht stimmen („Immer tust Du...“ „Nie machst
Du...“ „Keiner will mich...“).
7.
Statt einen anderen zu kritisieren, können Sie das gleiche
Anliegen sehr viel erfolgreicher durch einen Wunsch ausdrücken
(ungünstiger: fordern) . Äußern Sie Ihre Bedürfnisse
klar („Ich habe Lust zu...“). Das ist ehrlicher
und konstruktiver als die Verkleidung in eine Frage („Kannst
Du...“). Äußern Sie erst den Wunsch und dann
die Begründung.
8.
Achten Sie darauf, dass jede Botschaft an einen anderen mindestens
immer eine Sachebene und eine Beziehungsebene bzw. -aussage
enthält (teilweise auch einen Appell an den anderen und
eine Mitteilung über das eigene Befinden). Probleme entstehen
besonders gerne dann, wenn die Gesprächspartner auf unterschiedlichen
Kanälen senden. Das gilt speziell auch für emotionale
Botschaften, denn Menschen wollen auch in ihren Gefühlen
„verstanden“ werden. Falscher Trost verletzt oft
mehr, als er hilft („Das tut doch nicht weh“, „Ich
kaufe Dir einen neuen Luftballon“). Weitere Konsequenzen:
Alles was ein Patient in der Therapiestunde sagt, lässt
sich immer auch als Aussage über die therapeutische Beziehung
werten („Fraktaltheorie“), möglicherweise aber
auch als Botschaft über einen Abwesenden (Unbekannten).
Wenn Ihnen unklar ist, was der andere Ihnen durch eine Geschichte
mitteilen will (auf welcher Kommunikationsebene er sich bewegt),
führt oft folgende Frage zum Punkt: „Was willst Du
mir damit sagen?“
9.
Beziehen Sie ein „nein“ Ihres Gesprächspartners
auf die Sache und interpretieren Sie es nicht als Ablehnung
Ihrer gesamten Person. Rechnen Sie nicht mit Vergangenem auf,
sondern bemühen Sie sich um konstruktive Zukunftslösungen.
10.
Wählen Sie eine lebendige Sprache, mit bildhaften Begriffen
(Beispielen) und dynamischen Tätigkeitswörtern (Manches
Bild sagt mehr als viele Worte). Verzichten Sie auf abstrakte
Begriffe. Kommunizieren Sie gehirngerecht, indem Sie beide Gehirnhälften
ansprechen (Verstand und Gefühl). Unterstreichen Sie Ihre
Worte durch passende lebendige Gesten.
11.
Es ist hilfreich, zwischendurch immer wieder zusammenzufassen,
was man glaubt, vom anderen verstanden oder nonverbal (in Körperhaltung,
Gesichtsausdruck oder Atmung) wahrgenommen (gefühlt) zu
haben (Feedback). Beispiel: „Es scheint schwer für
Dich zu sein“ (falls der andere in sich zusammengesunken
sitzt). Wenn Sie es wünschen, werde ich Ihnen solche Rückmeldungen
auch während unserer Gespräche immer wieder geben.
Die Aussage „Das habe ich verstanden“ bedeutet möglicherweise
nur, dass Ihr Gesprächspartner jetzt dicht macht. Sein
inneres Bild vom Gesprächsthema ist so weit fertig, dass
der Betreffende glaubt, keine weiteren Informationen mehr zu
benötigen. Nichts garantiert Ihnen aber, dass dieses Bild
mir Ihrem Bild übereinstimmt. Auf der Informationsgrundlage
folgender drei Stichwörter „Urlaub, Italien, Sport“
wird jeder Mensch ein völlig anderes Bild konstruieren,
wobei „Informationslücken“ immer mit eigenen
Erfahrungen gefüllt werden. Es ist ein Irrtum zu glauben,
dass man Argumente nur oft genug und möglichst kraftvoll
vortragen muss, damit sie Wirkung entfalten („Pseudo-Magie“).
12.
Beschränken Sie sich pro „Sendeeinheit“ auf
ein Thema. Fassen Sie sich kurz, sonst hört der andere
nicht mehr zu. Argumente und Gedanken haben nur dann eine Chance,
wenn sie beim anderen auch „landen“. Manchen Menschen
reicht es aber auch, ihre Meinung einfach nur loszuwerden. Je
überzeugter der andere ist, um so weniger gut wird er zuhören
und seine Entgegnung bereits vorbereiten, während Sie noch
sprechen.
13.
Verzichten Sie auf Zweideutigkeit und gemischte Botschaften,
drücken Sie sich lieber präzise aus (Nicht: „Bring
mir das Auto zu einer vernünftigen Zeit zurück“).
14.
Verzichten Sie auf Killerphrasen („Was Du wirklich meinst,...“
„Du solltest...“ „Mach doch einfach mal“
„Das ist mir zu primitiv“ „Du hältst
mich wohl für blöd“ „Bist Du überhaupt
dabei gewesen?“ „Das kannst Du gar nicht beurteilen“
„Das ist doch bloß graue Theorie“ „Willst
Du mich nicht verstehen oder kannst Du mich nicht verstehen?“
„Das kann doch nicht Dein Ernst sein“ „Das
habe ich alles schon hundertmal gehört“ „So
kann man die Frage nicht stellen“ „Dafür gibt
es doch Experten.“ „Welcher Traumtänzer hat
denn das gesagt?“ „Dafür sollten wir lieber
einen Ausschuss einsetzen.“ „Bekanntlich ist es
so, dass...“ „Was sollen denn die anderen denken?“
„Die jetzige Situation erfordert...“ „Das
gehört doch gar nicht hierher.“ „Ich habe das
immer so gemacht.“ „Das haben wir schon einmal ausprobiert.“
„Das bringt doch nichts.“ „Das ist alles schon
einmal da gewesen.“ „Wer soll das nun wieder machen?“
„Das interessiert sowieso keinen Menschen?“ „Damit
kann doch keiner umgehen.“ usw.).
15.
Verbinden Sie zwei Sätze lieber durch „und“
als durch „aber“. Letzteres lässt nur darauf
schließen, dass zwei Seelen in Ihrer Brust miteinander
kämpfen. „Und“ erweitert den Blickwinkel, „aber“
verengt ihn.
16.
Zeigen Sie durch Fragen Ihr Interesse. Benutzen Sie aber Fragen
nicht dazu, um von sich selbst abzulenken bzw. andere für
sich antworten zu lassen. Laden Sie bei der Kontaktaufnahme
Ihr Gegenüber lieber durch Ich-Aussagen als durch Fragen
zum Gespräch ein. Orientieren Sie sich an den „sokratischen
Filtern“: Ist es wahr, wichtig und nützlich?
17.
In unserer Kultur ist es eher vorteilhaft, sich direkt
auszudrücken. Indirekte Aussagen („Es ist kalt“
als Aufforderungen an andere, das Fenster zu schließen),
sind z.B. in asiatischen Ländern verbreitet. Indirektheit
erleichtert es (scheinbar) den Beteiligten ihr Gesicht zu wahren,
gleich ob sie den verpackten Wünschen und Aufforderungen
folgen oder nicht („Widerstand“ bzw. „Unterwerfung“
werden nicht offensichtlich). In Madagaskar soll Indirektheit
sogar als hohe Kunst und Direktheit eher als plump gelten.
18.
Verzichten Sie auf Tilgungen (siehe oben) und Nominalisierungen.
Bei Tilgungen lässt ein Satz wichtige Informationen aus
(z.B. „Das ist offensichtlich...“ Frage: Für
wen? „Ich muss das machen.“ Frage: Wer zwingt Dich
und was passiert, wenn Du es nicht tust?). Drücken Sie
sich möglichst genau aus (Statt „Er hat mich verletzt“
besser „Er hat mich gegen das Schienbein getreten.“)
19.
Vermeiden Sie "Nominalisierungen" . Nominalisierungen
sind Hauptwörter, die aus Tätigkeitswörtern gebildet
wurden (z.B. Beziehung, Versagen, Hoffnung). Wer sich mit Hilfe
von Nominalisierungen ausdrückt, vertuscht damit leicht,
dass es sich im Grunde um menschlich beeinflussbare Tätigkeiten
handelt. Nominalisierungen klingen so, als handele es sich um
abgeschlossene und der eigenen Kontrolle entzogene Ereignisse.
Wer so spricht, fühlt sich schnell in einer Sackgasse.
Indem man die Nominalisierung in ein Tätigkeitswort umformt,
verdeutlicht man sich und anderen, dass es um einen veränderbaren
Prozess geht (Beispiel: „Ich bekomme keine Zuwendung.“
Lösung: „Ich möchte, dass sich X mir zuwendet.“).
20.
Hinterfragen Sie. Darunter versteht man die Annahme mancher
Menschen, sie könnten nur in einer ganz bestimmten Weise
reagieren („Mein Mann macht mich nervös.“ „Du
langweilst mich“). Sie schieben damit die Verantwortung
für ihr Erleben anderen zu. Du entsprechende Rückfragen
lässt sich dieses Kommunikationsproblem entschärfen
(„Wärst Du nicht nervös, wenn Dein Mann nicht
da wäre?“ „Bist Du immer nervös, wenn
er da ist?).
21.
Vermeiden Sie „Stimm-Sünden“: Sprechen Sie
nicht zu laut, zu leise, zu hoch, zu schrill, zu monoton. Vermeiden
Sie Näseln, Nuscheln, abgehacktes oder gedehntes Sprechen.